Myrmecia pavida - Zwangsumsiedlung - Fotobericht

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swagman
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#1 Myrmecia pavida - Zwangsumsiedlung - Fotobericht

Beitrag von swagman » 23. Juni 2008, 21:50

[SIZE="3"]Erfahrungsbericht zur Zwangsumsiedlung eines Myrmecia pavida Volkes.[/SIZE]

Da das alte Nest zu klein wurde für die Ameisen musste ich ein neues Nest anbieten.
Da ich jedoch das bisherige Nest unter einem doppelten Boden eingebaut hatte, stellte sich dieses Vorhaben als äußerst schwierig heraus.

Hier ein Bild des alten Beckens mit dem Nest unter dem Zwischenboden:
Bild


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Ich beim bauen des neuen Nestes.^^

[SIZE="3"]Die Umsiedlung[/SIZE]
20.06.2008

Am Freitag Nachmittag ging es los.
Nachdem das neue Nest so weit fertig war, wurde es Zeit es ans Becken anzuschließen. Geplant war, dass das neue Nest über einen Schlauch mit dem Becken, in welchem die Ameisen bisher gelebt haben, verbunden wird.
Dazu wollte ich den doppelten Boden aus dem Becken entfernen, ohne jedoch das zuvor verschlossene Nest der Ameisen herauszunehmen. Dann war geplant eine Scheibe zu entfernen und durch eine Plexiglasscheibe mit entsprechender Öffnung für den Schlauch zu ersetzen. Nach dem das Silikon über Nacht getrocknet war, wollte ich das Nest wieder öffnen, damit die Ameisen das neue Nest entdecken konnten und gegebenenfalls umziehen würden.
So weit die Theorie...:rolleyes:

Das neue Nest:
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Es besteht aus drei, 60x20x5cm Ytong-Blöcken, welche in Form eines L`s miteinander verbunden wurden.

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In der Praxis lief das ganze allerdings anders ab.
Zum Glück rechnete ich mit dem Schlimmsten, und habe bevor die Aktion gestartet wurde eine dicke Ölbarriere im Becken installiert. Damit die Ameisen nicht entweichen können, sollten welche aus dem Nest gelangen.
Als erstes verschloss ich die Nesteingänge mit Watte und entfernte dann das Substrat und die übrige Einrichtung. Als nächstes schnitt ich den Zwischenboden heraus. So weit so gut.
Leider kippte dann das Nest etwa einen Zentimeter von der Scheibe weg. :huh:
Tja. Neugierig quetschten sich die ersten Arbeiterinnen durch den Spalt. Ich hab natürlich versucht das Nest wieder an die Scheibe zu drücken, dabei aber eine Arbeiterin eingeklemmt. Dadurch konnten immer mehr in die Spalte gelangen. Was tun? Eine Scheibe nehmen und vor das Nest schieben? Und es so als Ganzes aus dem Becken nehmen? Warum nicht dachte ich mir und schnitt schnell eine passende Scheibe aus Plexiglas zurecht. Nun, natürlich klappte das überhaupt nicht. Die Ameisen verbissen sich sofort in die Scheibe und drängten immer mehr nach draussen. Als ich dann auch noch zwei bis drei Arbeiterinnen mit der Scheibe zerteilt hatte, gab ich die Aktion auf.:furchtbartraurig:
Inzwischen sah ich mich mit einer äusserst aufgebrachten, ziemlich übergelaunter Arme aus kampfbereiten Arbeiterinnen konfrontiert. :angst:
Zum Glück hielt die Ölschicht die Ameisen im Becken.
Tja, jetzt half nur noch der Sprung nach vorne.
Schnell habe ich eine leere Faunabox genommen, welche schon über eine PTFE Schicht verfügte. zusätzlich hab ich auch hier noch eine Ölschicht angebracht, etwas feuchtes Küchenkrepp und eine Eierschachtel hinein getan und los ging es.
Ameise für Ameise musste ich mit der Federstahlpinzette aus dem Becken fangen und in die Faunabox werfen.
Durch anblasen der Ameisen strömten sie aus dem Nest, so dass ich sie einfangen konnte. Der Großteil des Volks drängte sich mit den Larven und der Königin in eine Kammer, aber auch diese kamen irgendwann aus dem Nest. Schließlich war das Nest so gut wie leer und ich konnte zumindest die Puppen auch noch in die Box zu den Ameisen geben.
Dann hab ich die Scheibe auf das Nest gelegt und es aus dem Becken genommen. Die Larven, Eier und noch ein dutzend Ameisen befanden sich noch darin, aber es lies sich mit der Scheibe leicht entnehmen.
Schnell machte ich einen Deckel auf die Faunabox und stellte sie in einen Schrank, damit sich die Ameisen in der Dunkelheit beruhigen konnten.

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Die Faunabox, welche nun das Volk enthält.

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Der aufgebrachte Mob. Der größte Teil des Volkes verbirgt sich unter dem Eierkarton.

Anschließen ging es an den Umbau des Aquariums, was ohne Nest deutlich einfacher ging. Vielleicht war es gar nicht so schlecht das die Ameisen aus dem Becken waren.
Nachdem die neue Scheibe an Ort und stelle war, es schon spät am Abend und ich durch den Stress doch ziemlich erledigt war, ging ich ins Bett und träumte nicht, wie erwartet, von Ameisen. :sleep:

21.06.2008
Am nächsten Samstag morgen mussten die Ameisen in ihr neues Nest umziehen.
Nachdem ich das Nest mit dem Schlauch am soweit gereinigten Becken befestigt hatte, kontrollierte ich noch mal alles um sicher zu sein dass alles passte.

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Nest und Becken sind verbunden.

Dann nahm ich die Box mit den Ameisen aus den Schrank und stellte diese in das Becken. Deckel runter und die wilde Panik brach aus. Schnell legte ich einen Streifen Karton als Bücke über den Rand der Box, damit die Ameisen in das Becken kommen konnten. Tja und dann brach die Hölle los. :eek:

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Die sind nur so ins Becken gestürmt und nach nur fünf Minuten sind die ersten durch den Schlauch in das neue, abgedunkelte Nest gelaufen.
Eine viertel Stunde später konnte ich beobachten wie einige Arbeiterinnen angefangen haben ihre Schwestern in das Becken zu bringen. Schließlich entdeckten immer mehr Ameisen das Nest und der Umzug aus der Box ging richtig los. Bald wurden auch die Puppen ins Nest getragen und auch die Königin wurde von einer Arbeiterin in das neue Nest gezerrt.

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Der Eingang zum Nest wurde entdeckt.

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Einige Arbeiterinnen beginnen ihre Schwestern in das neue Nest zu ziehen.

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Die Königin wird auch in den Schlauch gebracht.

Der Umzug dauerte den ganzen Tag über, erst am nächsten Morgen waren alle Tiere aus der Box im neuen Nest untergekommen.
Am Nachmittag, als der Umzug und die Aufregung schon etwas abgeklungen war, stand mit noch ein anderes Problem gegenüber. Die Brut im alten Nest.
Zuerst dachte ich daran es in das Becken zu legen, aber das verwarf ich schnell wieder. Die Myrmecia waren so aggressiv, dass man nur an das Becken treten musste um sofort alle in helle Aufregung zu versetzen. Sofort strömten wieder etliche Arbeiterinnen aus dem Nest ins Becken und kletterten die Schieben hoch. Die Ausbruchssperre reichte nicht aus um die Tiere im Becken zu halten, deshalb war ich froh um den Deckel.
Ich machte mit also die Mühe die Larven und Eier vorsichtig aus dem alten Nest zu sammeln und in einen Untersetzer zu geben. Die Arbeiterinnen welche noch im Nest befanden hab ich zuvor eingefangen.

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Die gesamte Brut im Untersetzer.

Es dauerte eine volle Stunde bis ich fertig war! :verrueckt:
Anschießend wartete ich bis es etwas ruhiger im Becken war öffnete den Deckel und gab den Untersetzer in das Aquarium. Dabei sprang mir eine Myrmecia auf die Hand, ich schüttelte sie jedoch ab ohne gestochen zu werden. Eine andere lief sofort aus dem Becken und ich musste sie einfangen und zurück setzen. :irre:
Sofort strömten wieder etliche Tiere aus dem Nest. Dann entdeckten sie die Brut und ein wahres Spektakel brach los. Innerhalb von 10 – 15 Minuten war alles an Larven und Eiern verräumt, es dauerte jedoch wieder etwas bis sich die Tiere beruhigt hatten.

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Sofort wird die Brut entdeckt...

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...und ins Nest getragen.

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Nach kurzer Zeit leert sich der Untersetzer.

Allerdings war jetzt auch so gut wie alles erledigt. Schnell machte ich noch etwas Honigwasser und stellte einen vollen Napf ins Becken, damit die Ameisen sich daran laben konnten. Zudem hoffte ich das sie durch den Zucker etwas ruhiger würden. Schnell sammelten sich etliche Ameisen am Napf und tranken begierig die süsse Flüssigkeit.

22.06.2008
Am Sonntag ( diesmal hatte ich von Ameisen geträumt;) ) hatten sich die Ameisen so weit beruhigt, dass kaum noch welche im Becken unterwegs waren. Etwas unruhig wurde es noch einmal, als ich die gefangenen Arbeiterinnen ins Becken entlassen habe. Doch auch diese wurden in das neue Nest getragen oder fanden selbst dorthin.

Ich werden den Tieren noch einige Zeit ruhe gönnen um sie nicht wieder in Aufregung zu versetzen.
Die Einrichtung des Beckens kann ich später noch immer in Angriff nehmen.


Schlussbemerkung:
Das Ganze war eine ziemlich wilde Aktion, aber ich denke die Ameisen überstehen es ohne große Probleme. Für mich war es jedenfalls sehr Stressig und ich hoffe, dass das neue Nest erstmal eine Zeitlang reicht. Leider weiß man nicht wie Volkreich diese Art werden kann. Nur einige Hundert oder gar einige Tausend? Wer weiß?
Stolz bin ich darauf, dass keine Ameise mich gestochen hat, obwohl zweimal eine auf meine Hand gelangt ist. Man kann diese Tiere also auch händeln ohne gestochen zu werden, solange man ruhig, überlegt und mit bedacht an die Sache geht.
Das warme Wetter war nicht gerade ideal für diese Umzugsaktion, da die Tiere dadurch sehr aktiv waren. Aber das alte Nest war deutlich zu klein geworden und ich wollte es endlich hinter mit haben mit dem Umbau.
Nun, es hat alles geklappt, die Ameisen haben zwar 5 Arbeiterinnen eingebüsst, aber dass sollte beim derzeitigen Stand der Kolonie nicht weiter ins Gewicht fallen.
Zumindest weiß ich nun wie groß dieses Volk ist und kann jetzt genauere Angaben machen, da ich bisher nur schätzen konnte. Wobei es deutlich mehr Ameisen und Brut sind als geschätzt.

Interessant fand ich ausserdem die Beobachtungen die ich bei der Aktion machen konnte.
Zum einen wie die Arbeiterinnen ihre Schwestern zum neuen Nest bringen in dem sie diese mit den Mandibeln am Kopf packen und in Richtung Nest laufen. Die gezogenen Tiere lassen sich nicht tragen, sonder laufen einfach in die Richtung mit, in welche sie gedrängt werden.
Aber auch wie das Nest verteidigt wird, war sehr aufschlussreich. Es sind immer nur etwa 20-30 Arbeiterinnen aus dem Nest gestürmt. Hatte ich diese alle gefangen war wieder ruhe bis durch das anhauchen die nächste Verteidigungslinie aus dem Nest strömte.
Und schließlich fand ich es unglaublich wie die Ameisen in einer Nacht den Eierkarton bearbeitet haben. Man kann es an den Bildern in der Faunabox gut erkennen wie sie das Küchenkrepp und den Karton zerkleinert haben.
Inzwischen hab ich auch einen Blick ins neue Nest riskiert und gesehen, dass sie dieses Material zum verbauen einiger Gänge und Spalten benutzt haben.
Da das Nest sehr trocken ist, sollte es keine Probleme mit Schimmel geben.

Nun noch der aktuelle Stand: 273 Arbeiterinnen, 14 Puppen, 147 Larven in allen Größen und 83 Eier.

Hier geht´s zum Haltungsbericht.

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#2 AW: Myrmecia pavida - Zwangsumsiedlung

Beitrag von swagman » 1. Juli 2008, 20:15

Zwischenbericht.[SIZE="3"][/SIZE]

Das Volk hat den Umzug ohne jegliche Probleme überstanden.
Da inzwischen auch das Becken eingerichtet ist, haben sie angefangen das Nest mit Sand auszubauen.
Nahrung wird in sehr großen Mengen benötigt, was bei der Anzahl an Larven nicht verwundert.
Ich befürchte fast, dass ich sie bisher eher zu wenig gefüttert habe. Da sich die Brut aber jetzt im untersten Teil des Nestes befindet, hab ich einen guten überblick wie schnell das Futter verwertet wird.

Erstmals Bilder aus dem neuen Nest:

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Gesamtansicht des Nestes. Es wird deutlich wie viel Platz das Volk jetzt schon beansprucht.

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Die Kammer mit den großen Larven.

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Hier die kleineren Larven und rechts oben in der anderen Kammer die Eier. Auch diese haben den Umzug überstanden.

Diskussion hier.



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#3 AW: Myrmecia pavida - Zwangsumsiedlung

Beitrag von swagman » 5. August 2008, 21:18

So, der Vollständigkeit halber nun noch die Bewässerung des Nestes, da ich öfter danach gefragt wurde.

Anfangs war es zu trocken im neuen Nest, was zu einem absterben der Brut führte.
Inzwischen hab ich das Ganze aber gelöst.

Um Feuchtigkeit in verschiedene Bereiche des Nestes zu bekommen, habe ich mit einen Bohrer sehr weit in das Nest hinein gebohrt. (Führte nur kurz zu einer Panik im Nest.^^)
Dadurch soll eine tiefere Befeuchtung erreicht werden, was bisher auch gut funktioniert.
Der Durchmesser des Bohrers wurde dabei so gewählt, dass man einen Schlauch in das Loch schieben kann.
Dadurch entsteht ein zusätzlicher Wasserspeicher. Füllt man die Schläuche mit Wasser, sickert dieses langsam in das Nest. Es dringt auch kein Wasser zwischen Schlauch und Stein heraus.
Anfangs musste ich noch sehr oft nachgiessen, inzwischen ist aber eine gewisse Grundfeuchte enthalten, so dass man nur noch ab und an nachfeuchten muss.

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Hier wird seitlich bewässert.

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Hier einige der Schläuche die sich auf der Oberseite des Nestes befinden.
Der linke Schlauch bewässert die Kammer sehr schnell. Falls es mal zu trocken wird, kann man so schnell Feuchtigkeit ins Nest bekommen.
Der rechte Schlauch geht sehr tief ins Nest und sorgt dadurch für eine großflächigere Befeuchtung.
Sieht nicht so toll aus, aber erfüllt seinen Zweck. Vielleicht baue ich auch noch andere "Tanks", aber vorerst reicht mir und den Ameisen diese Methode aus.



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