Suchstrategien bei der Nahrungssuche

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Finn
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#1 Suchstrategien bei der Nahrungssuche

Beitrag von Finn » 17. Oktober 2005, 14:28

Hallo zusammen,

zwar steht dieser Beitrag unter "Beobachtungen im Freiland", könnte aber genausogut unter "Beobachtungen in der Haltung" (oder auch im Wissenschafts-Unterforum) stehen. Ich hätte gerne mal ein paar Erfahrungsberichte von euch.

Ich beschäftige mich gerade mit der Nahrungssuche von Ameisen. Speziell wüsste ich gerne, wie sich Ameisen verhalten, die auf Nahrungssuche sind, sich aber dabei nicht auf etablierte Straßen/Pheromonspuren verlassen können. Es geht mir also gewissermaßen um den "Suchmodus". Welche Beobachtungen habt ihr da gemacht? Laufen sie völlig zufällig in der Gegend herum? Vollziehen sie kreisförmige bzw. spiralige Bewegungen (da habe ich mal was zu gelesen, erinnere mich aber nicht mehr genau)? Wie verhalten sich Individuen, die an eine Stelle geraten, an der die Pheromonspur unterbrochen ist?

Ich würde mich über Erfahrungen aus der Formikarienhaltung oder aus dem Freiland freuen, ebenso über Hinweise auf diesbezügliche wissenschaftliche Publikationen oder sonstige geschriebene Erzeugnisse :-) ?

Wichtig ist mir auch zu wissen, wie unterschiedlich dieses Verhalten zwischen verschiedenen Ameisenarten ist.

So, das war es eigentlich auch schon, mehr will ich im Moment nicht wissen :-)

Ich freue mich auf und über Antworten.

P.S.: Ach ja, bei der Suche im Forum habe ich einen hierzu hilfreichen Thread gefunden, in dem wir schon über ein ähnliches Thema diskutiert haben:
http://ameisenforum.de/thread.php?threadid=3251&sid=&hilight=nahrungssuche
Der Thread hilft allerdings nur bedingt weiter, und anderweitig bin ich im Forum leider nicht fündig geworden.

Tschüss, und danke schonmal
Finn



Stefan
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#2

Beitrag von Stefan » 17. Oktober 2005, 15:37

Bei der Nahrungssuche werden meistens Spurpheromone gelegt, damit die Ameise, falls sie Nahrung findet, auch wieder zurück zum Nest findet um andere Artgenossen zu alarmieren. Es gibt natürlich auch Arten, die immer in Gruppen jagen, z.B. Treiberameisen. Dort werden auch Durftspuren gesetzt.

Einige Arten orientieren sich auch optisch, z.B. Cataglyphis am Himmel, Myrmecia oder unsere Waldameisen an ihrer umgebenen Vegetation. Diese können zwar Duftspuren setzten, benutzen diese aber äußert selten, da sie so ein ausgeprägtes Sehvermögen haben.

Arten, die sich nur auf Spurpheromone verlassen können, diese aber durch irgendeinen Grund unterbrochen ist, läuft die Ameise meist ziellos oder kreisförmig in der Gegend umher und sucht nach ihrer Spur oder nach Artgenossen.
Es gibt so viele verrückte Sachen, die kann man garnicht alle aufzählen. :D



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Frank Mattheis
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#3

Beitrag von Frank Mattheis » 4. November 2005, 15:27

Die Strategien der Ameisen sind so vielfältig wie es schon die grosse Zahl der Ameisenarten und der besiedelten Lebensräume vermuten lässt. Dazu kommt, dass viele Arten gemeinsam in mehr oder weniger friedlicher Koexistenz Lebensräume besiedeln, dies ist möglich, weil zB. verschiedene Ressourcen genutzt werden, zu unterschiedlichen Zeiten fouragiert wird oder weil eine oder mehrere Arten anderen dominanteren Arten ausweichen.
Viele Arten rekrutieren ja mittels Duftspuren. Diese Arten scheinen Dich in diesem Fall weniger zu interessieren, Finn. Andere Arten rekrutieren ihre Genossinnen auch durch Tragen und durch Tandemlauf. Das Tragen der Nestgenossinnen zu neuen Neststandorten scheint die ursprünglichste Form der Rekrutierung zu sein, nichtdestotrotz haben hochentwickelte Ameisen wie unser Waldameisen und ihre Verwandten diese Form neben ihren anderen Möglichkeiten perfektioniert. Das Tragen wird jedoch auch schon von Ameisen angewandt, die andere Möglichkeiten der Kommunikation bei der Rekrutierung nicht anwenden, zB. von den Myrmecia. Allerdings ebenso wie bei den Waldameisen oder auch bei den Cataglyphis ausschliesslich beim Nestumzug, nie zur Rekrutierung bei der gemeinsamen Jagd.
Von den Waldameisen ist bekannt, dass sie gemeinsam jagen und starke Beutetiere überwältigen, dies geschieht jedoch meist mehr oder weniger zufällig, vorbeilaufende werden auf den Tumult optisch aufmerksam, hinzu kommen die alarmierenden Pheromone der Kämpfenden. Waldameisen können jedoch auch gemeinsame Raubzüge organisieren, etwa auf andere Ameisenkolonien. Dann rekrutieren sie mit Spurenpheromonen.
Die Ameisen der Gattung Cataglyphis habe ich im Freiland und auch in Gefangenschaft beobachten können. Wie andere gut angepasste Einzeljäger zeigten sie verblüffende Lernfähigkeit 8o. Junge unerfahrene Tiere liefen natürlich mehr oder weniger zufällig aus dem Nest aus, dabei sich aber immer neu orientierend. Hierzu bleiben die Tiere stehen und drehen sich auf der Stelle im Kreis, nehmen einen Panoramablick von der Umgebung.
Erfahrenere Tiere kehrten immer wieder an jene Stellen zurück, an denen sie einmal erfolgreich gejagt hatten.
Als ich in Tunesien ein Nest der Camopontus maculatus geöffnet hatte, wurde mein Tun schnell von den neugierig die Umgebung durchstreifenden Cataglyphis viaticus registriert, vorsichtig und jederzeit fluchtbereit versuchten sie, Brut und Arbeiter der maculatus in meinen direkten Wirkungsbereich zu stibitzen. Dabei hatten die Cataglyphis mich tatsächlich im Auge, sie beobachteten mich und schätzten mein Tun ein. Zog ich mich nur etwas zurück oder liess ich in meinen Tun nach, nutzten sie sofort frech ihre Chance und versuchten, den völlig überforderten maculatus ihre Brut zu entreissen :rolleyes:.
In der unmittelbaren Nähe meines Hotels gab es eine Kolonie der Cataglyphis, die ich regelmässig mit gelösten Zucker fütterte. Nach einigen Tagen der Fütterung hatten sich die Ameisen an diese gewöhnt und erwarteten die Zuckergaben schon.
Die Cataglyphis sind sehr flexibel und sie sind lernfähig, in den kargen Gegenden mit manchmal geringem Angebot müssen diese Arten opportunistisch und in der Lage sein, jede sich auftuende Möglichkeit zu nutzen, ihre Eigenschaften kommen ihnen dabei zu Gute und erklären vieleicht ihren grossen Erfolg in diesen Steppen und Halbwüsten.
Ich würde also eigentlich bei keiner Ameisenart von einen allgemeinen Suchmodus sprechen, auch wenn es sicher Spezialisten unter den Ameisen gibt, die sich auf die Erbeutung spezieller Arthropoden oder auf andere spezielle Nahrung spezialisiert haben. Dies Arten haben dann auch entsprechende Jagdmethoden und Waffen, ich denke da zB. an bestimmte Ponerinen u.a. Trotzdem ist es ja immer das Individuum. dass arttypische Jagdmethoden anwendet, es wird seine Jagdmethode im Ergebnis seiner Erfahrungen und "Erfolgserlebnisse" immer individuell weiterentwickeln und anwenden. Ich halte nichts von verallgemeinernden Theorien, die Ameisen als fest programmierte Miniroboter erklären und ihnen jede Individualität absprechen. Wer mal genauer hinschaut, wird sehen, dass Ameisen mehr sind.
Gerade bei noch jungen und kleinen, also übersichtlichen Kolonien kann der genaue Beobachter individuelle, "charakterliche" Unterschiede zwischen den Tieren einer Kolonie ausmachen, manche sind extrem tapfer, andere "schüchtern" und zurückhaltend. Dies hat nicht immer ausschliesslich mit der Zugehörigkeit zu den einzelnen Arbeiterinnenkasten zu tun. Major- oder Soldatenkasten scheinen beispielsweise manchmal ihre "Aufgabe" nicht zu kennen und überlassen die gefährliche Verteidigung den Minors.
Dies führt eigentlich zu dem Schluss, dass auch das individuelle Verhalten einzelner Ameisen ein Ergebnis ihrer Erlebnisse und Prägungen sind. Es gibt also sicher arttypisches Verhalten, dass die Tiere einer Art im Grossen und Ganzen zeigen, innerhalb diesen Verhaltens zeigen aber die Individuen einer Art oder einer Kolonie die ganze Bandbreite möglichen Verhaltens, abhängig von ihren individuellen Erlebnissen und Prägungen.
Grüsse, Frank.



Finn
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#4

Beitrag von Finn » 4. November 2005, 22:00

Hallo,

@Frank: Deine Antwort muss ich mir morgen erstmal in Ruhe zu Gemüte führen, danke schonmal :-)

@Stefan:

Original von Stefan
Bei der Nahrungssuche werden meistens Spurpheromone gelegt, damit die Ameise, falls sie Nahrung findet, auch wieder zurueck zum Nest findet um andere Artgenossen zu alarmieren. Es gibt natuerlich auch Arten, die immer in Gruppen jagen, z.B. Treiberameisen. Dort werden auch Durftspuren gesetzt.

Einige Arten orientieren sich auch optisch, z.B. Cataglyphis am Himmel, Myrmecia oder unsere Waldameisen an ihrer umgebenen Vegetation. Diese koennen zwar Duftspuren setzten, benutzen diese aber aeusserst selten, da sie so ein ausgepraegtes Sehvermoegen haben.

Arten, die sich nur auf Spurpheromone verlassen koennen, diese aber durch irgendeinen Grund unterbrochen ist, laeuft die Ameise meist ziellos oder kreisfoermig in der Gegend umher und sucht nach ihrer Spur oder nach Artgenossen.
:D


Treiberameisen sind ja nochmal ein eigenes Kapitel :-)
Aber wird denn bei der Spurensuche nur nach dem Pheromontyp gesucht (Spur einer suchenden Arbeiterin; Rekrutierungsspur) oder praeferieren Arbeiterinnen da ihre eigene Spur vor der von Koloniegenossinnen? Es sollte doch eigentlich der Typ ausreichen, anderenfalls wuerden sich nicht die charakteristischen Straßen herausbilden, wenn jeder wieder auf seinem eigenen Weg zurückliefe (na ja, abgesehen von den rekrutierten, die natürlich auf demselben Weg zur Futterquelle gekommen sind wie die Rekrutiererin).

Es gibt so viele verrueckte Sachen, die kann man garnicht alle aufzaehlen

Nur keine Hemmungen :-) So lange es nach Arten getrennt ist, damit ich es einordnen kann...

Ok, nehmen wir doch mal Lasius niger, dann kann ich mich in meiner Simulation zunaechst auf eine Art beschraenken. Was wisst Ihr denn zu ihr? (Oder was ist die hier am haeufigsten gehaltene Art? Koennte man vielleicht ins Profil mit aufnehmen...)

Tschuess
Finn



Finn
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#5

Beitrag von Finn » 23. November 2005, 22:36

Hallo Frank,

entschuldige bitte, dass ich so lange nicht auf dein Posting reagiert habe. Ich weiß die Mühe, die du dir damit wahrscheinlich gemacht hast, sehr zu schätzen.

Original von Frank Mattheis
Viele Arten rekrutieren ja mittels Duftspuren. Diese Arten scheinen Dich in diesem Fall weniger zu interessieren, Finn.


Ganz im Gegenteil, genau das interessiert mich :-) Zu meiner Motivation: Ich schreibe an einer kleinen Simulation, die zum Ziel hat, mit einem möglichst kleinen Regelwerk die typischen Ameisenstraßen zu erzeugen. Das versuche ich über die Pheromone zu erreichen. Nun ist es aber dadurch, dass die Pheromone auch wegdiffundieren, also nicht immer Straßen vorhanden sind, und durch die Tatsache, dass natürlich auch neue Futterquellen gefunden werden, so, dass es ein irgendwie geartetes Suchverhalten geben muss. Und das kann ja verschieden aussehen. Die erwähnten spiralförmigen Bewegungen sind da eine Möglichkeit. Aber ich komme wieder vom Thema ab, meiner Motivation; mein Ziel ist also eine Simulation ders Fouragierverhaltens und der Rekrutierung über Pheromone.
Auf Grund der großen Viefalt an Verhaltensweisen bei verschiedenen Arten muss ich mich also für irgendwas entscheiden, daher rührten meine Fragen im Ursprungsposting.

Ich würde also eigentlich bei keiner Ameisenart von einen allgemeinen Suchmodus sprechen, auch wenn es sicher Spezialisten unter den Ameisen gibt, die sich auf die Erbeutung spezieller Arthropoden oder auf andere spezielle Nahrung spezialisiert haben.


Und doch gibt es da ja aber höchstwahrscheinlich bestimmte Verhaltensweisen, die immer wieder beobachtet werden; wenn ich mal das häufige Beispiel heranziehe, was passiert, wenn man eine Ameisenstraße unterbricht, indem man mit den Schuhen die Pheromonspur zerstört oder verwirbelt, dann ist die allgemeine Beschreibung des dann folgenden Verhaltens ja zunächst "wildes Durcheinander". Aber bei genauem Hinsehen wird man jedoch bestimmte Verhaltensweisen beobachten können, oder? Wie bspw. das Ziehen immer größerer Kreise um den Ausgangspunkt herum.

Trotzdem ist es ja immer das Individuum. dass arttypische Jagdmethoden anwendet, es wird seine Jagdmethode im Ergebnis seiner Erfahrungen und "Erfolgserlebnisse" immer individuell weiterentwickeln und anwenden. Ich halte nichts von verallgemeinernden Theorien, die Ameisen als fest programmierte Miniroboter erklären und ihnen jede Individualität absprechen. Wer mal genauer hinschaut, wird sehen, dass Ameisen mehr sind.


Da gebe ich dir recht, ohne aber von meinem Standpunkt abzurücken :-) Denn es kommt immer auf die Perspektive an. Will man das Schicksal eines Einzelindividuums simulieren/beobachten/nachvollziehen, oder ist das Ziel, die räumliche und zeitliche Dynamik einer gesamten Kolonie zu betrachten? Es ist Letzteres, was mich interessiert, und wie du im nächsten zitierten Block ja selbst schreibst, gibt es arttypisches Verhalten, das die Tiere einer Art im Großen und Ganzen zeigen; Abweichung von diesem Verhalten ist zu einem gewissen Teil auch in diesem Typ Simulation enthalten, es ist keine deterministische Simulation.
Und, noch wichtiger: Genau das Spannende an der "Arbeit", die ich mir mit dieser Simulation mache, ist ja nicht das Handwerkliche, also die Programmierung an sich, sondern eben das Herausfinden der relevanten Prozesse. Also: Reicht es aus, diese und jene Verhaltensweise zu simulieren, um die in der Natur beobachteten "Muster" zu erzeugen? Oder ist dies nicht der Fall? Dann habe ich offensichtlich eine wichtige Verhaltensweise nicht berücksichtigt, und muss mich weiter auf diese Suche begeben, in der Literatur, oder eben hier im Forum :-)

Dies führt eigentlich zu dem Schluss, dass auch das individuelle Verhalten einzelner Ameisen ein Ergebnis ihrer Erlebnisse und Prägungen sind. Es gibt also sicher arttypisches Verhalten, dass die Tiere einer Art im Grossen und Ganzen zeigen, innerhalb diesen Verhaltens zeigen aber die Individuen einer Art oder einer Kolonie die ganze Bandbreite möglichen Verhaltens, abhängig von ihren individuellen Erlebnissen und Prägungen.


Ich danke dir für deine ausführlichen und farbigen Beschreibungen; solcherlei Erlebnisse, auch wenn es hier nicht meine eigenen sind, geben mir immer wieder das Gefühl, dass ich mich mit den richtigen Dingen beschäftige... Wie E.O. Wilson und wahrscheinlich alle hier habe auch ich meine "Käferphase" nie verlassen :-)

Tschüss
Finn



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Frank Mattheis
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#6

Beitrag von Frank Mattheis » 24. November 2005, 16:56

Hallo Finn,

sicher werden Ameisen, deren Strassen willkürlich unterbrochen wurden, in einer arttypischen Suche nach der Fortsetzung der Strasse suchen. Das mag dann für den Beobachter erstmal wie ein wildes Durcheinander aussehen, wie Du geschildert hast. Zumal dann, wenn der Eingriff gerade geschehen ist und die Ameisen volkreicher Arten auf der dichtbelaufenen Strasse natürlich irritiert und alarmiert sind. Nach einiger Zeit jedoch werden die Tiere sich beruhigen und und einzeln oder in Gruppen ins unmarkierte Gelände vorstossen, um den Fortgang der Ameisenstrasse zu suchen.
Arten, deren Arbeiterinnen kaum sehen können und die sich fast ausschliesslich chemisch orientieren, werden dann vieleicht kreisförmige Suchläufe unternehmen, andere Arten, die ebenfalls Strassen belaufen, aber ausserdem sich visuell orientieren wie etwa F. pratensis werden werden sicher zielgenauer die Richtung halten, sich am Sonnenstand und den Gestirnen orientierend relativ schneller die Strasse überbrücken und neu markieren.
Aber was können solche Studien belegen? Gut, sie zeigen uns die unterschiedliche Flexibilität und, damit einhergehend, das unterschiedliche Vermögen verschiedener Arten, spezielle Probleme zu lösen. Aber natürlich ist klar, dass eine Art, die diese Probleme weniger schnell löst, nicht deswegen als "dümmer" oder unterentwickelt gelten kann. Darüber sind wir uns ja einig und das ist ja auch nicht Dein Ansatz. Aber trotzdem, Arten, die solche Probleme weniger schnell und effizient lösen, werden bei anderen Aufgaben besser aussehen, denn alle Arten sind ja an ihre Lebensräume gut angepasst und haben spezielle Strategien entwickelt.
Es geht wohl darum, wie die Ameisen oder andere in Verbänden lebenden Tiere aus einer plötzlich eingetretenen, chaotischen Situation zurück in die Ordnung finden und mit welchen Methoden sie dies erreichen.
Etwas abschweifend :rolleyes:: Solche Situationen können wir auch bei uns Menschen beobachten, denken wir an Staus usw.. Nun kann man sagen, wir Menschen haben Ordnungskräfte, Polizei usw., dies haben die Ameisen nicht. Stimmt nur teilweise, nur insofern, dass die Ameisen tatsächlich darauf verzichten können. Zum anderen eben nicht, weil wir regelmässig feststellen, dass unsere Ordnungskräfte gegen plötzlich eintretende chaotische Zustände machtlos sind, selbst die Fundamente unserer Gesellschaften sind nicht gefeit vor plötzlichen Umbrüchen. Grosse Reiche gingen einfach unter, Revolutionen, Machtübernahme der Nazis X( usw..
Klar, im einzelnen kann man hinterher immer alles irgendwie erklären, nicht jedoch mit der menschlichen Vernunft.
Für mich sind Ameisen Individuen, aber sie leben in grossen Gemeinschaften und sind Teil dieser. Als Teil dieser Gemeinschaft verfolgen die Individuen auch die Ziele der Gemeinschaft. Das Familienleben, der Fortbestand der Kolonie und deren Versorgung ist der Lebensinhalt der Arbeiterinnen.
Das Verhalten grosser Gruppen lässt sich sicher simulieren. Es gibt ja Versuche zur Gruppenintelligenz, bei denen Ameisen auf verschieden langen Weg zu einer Futterstelle geführt werden und die Ameisen sich nach kurzer Zeit für die ökonomischere kürzere Strecke entscheiden.
Mit solchen Versuchen können Entscheidungsprozesse gut untersucht werden.
Aber sagen sie wirklich etwas aus über das Verhalten solcher Ameisen in freier Natur? Nicht immer werden sich Ameisen für den kürzeren Weg entscheiden, er kann der Gefahrvollere sein.
Vieleicht kommt es ja auf die Zielsetzung an. Will man Chaosforschung betreiben, die Ameisen also als Modelle zB. für die Verkehrsforschung benutzen und ihre Problemlösungen beforschen und für den Menschen nutzbar machen oder will am die Ameisenarten als solche kennenlernen?
Bei zweiterem wäre es besser die Tiere im Freiland und unter naturnahen Umständen in der Gefangenschaft zu beobachten. Denn die Ziele der Ameisen und ihre Probleme sind nicht die des Menschen, sie kennen keinen Stau im Ferienreiseverkehr und jede einzelne Arbeiterin arbeitet mehr oder weniger selbstlos für das Gemeinwohl.
Die räumliche und zeitliche Dynamik einer Kolonie ist von soviel glücklichen und unglücklichen Umständen abhängig, dass eine Simulation der Quadratur des Kreises gleichkäme. Es ginge doch eigentlich nur mit unannehmbaren Vereinfachungen, die der Lebensleistung der Ameisen nicht gerecht würden. Wenn die Simulation nicht deterministisch sein soll und Du dir nicht eine Art zum Vorbild nimmst, sondern deine Simulation dann als für die Ameisen an sich allgemein gültig aufstellst, wirst Du (verzeih bitte) Schiffbruch erleiden. Fast jeder, der sich ebenfalls mit Ameisen irgendeiner Art befasst, wird dann feststellen, dass gerade diese Art sich völlig anders benimmt.
Man müsste eigentlich eine neue Art kreieren, die in einer definierten Umgebung mit festgelegten Risiken und Problemen lebt und über bestimmte, der Natur nachempfundene Verhaltensweisen und Strategien verfügt. Sozusagen cyber-ants 8o.
Egal, wie der Ansatz ist, es ist grossartig, sich mit diesen Tieren befassen zu können, jeden Tag geschehen neue Wunder. Vieleicht ist die "Käferphase" der höchste spirituelle Zustand, den wir Menschen erreichen können... :-)
Liebe Grüsse, Frank.



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