Manica rubida - Haltungserfahrungen

Berichte, Erfahrungen, Tipps, Beobachtungen Gattung Manica
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#1 Manica rubida - Haltungserfahrungen

Beitrag von Reber » 29. Oktober 2013, 01:08

Nach längerem überlegen habe ich mich nun doch dazu entschieden meine Haltungserfahrungen mit Manica rubida (http://ameisenwiki.de/index.php/Manica_rubida) aufzuschreiben und hier zu teilen.

Hier gehts zum Diskussionsthread: http://www.ameisenforum.de/meinungen-fr ... post356629

Bevor ich euch aber mit aktuellen Infos versorge, muss ich etwas ausholen:


Da ich in einer Region lebe, in der Manica rubida in geeigneten Lebensräumen - etwa an natürlich belassenen Fluss- und Seeufern, in Kiesgruben und im Gebirge sowieso - vorkommt, war ich guter Dinge, eine Gyne nach dem Schwarmflug für mein Vorhaben auftreiben zu können. Denkste! Alle möglichen Gynen sind mir etwa bei einem Urlaub im Wallis, bei Spaziergängen an der Sense und an diversen Seeufern im Kanton untergekommen, bloss keine Manica.


So habe ich mich dann in der ersten Augustwoche dazu entschlossen, bei einem Händler anzuklopfen und mir ein begattetes Vollweibchen zu bestellen.


Die Lieferung verzögerte sich dann allerdings um mehr als einen Monat. Um so grösser war die Freude als endlich die Post ankam.
Das warten hatte sich gelohnt, im Reagenzglas befand sich eine putzmuntere Gyne mit vier Larven und einem kleinen „Ei-Paket“.


Das Reagenzglas wurde sofort gegen Lichteinflüsse geschützt und über einen vorbereiteten Schlauch mit einem kleinen Gipsnest, bestehend aus 6 Kammern und einer Mini-Arena, verbunden. Die Kammern wurden mit roter Folie abgedeckt. In die Arena kam eine tote Drosophila, ein kleines Gefäss mit einem Tröpfchen Honig und ein weiteres Gefäss mit einigen Tropfen Wasser (aus Angst vor der Empfindlichkeit gegenüber der Trockenheit).


Die Temperatur beträgt tagsüber ca. 25 °C und ca. 20 °C in der Nacht.


Bereits am ersten Tag nach der Ankunft, kaum war ich von der Arbeit zurück, war die Gyne in die hinterste Kammer des Gipsnestes umgezogen. Samt Brut und „Futterfliege“.


Ich habe daraufhin das Reagenzglas entfernt, und von da an jeden zweiten Tag ein totes Heimchen (2mm) oder eine Drosophila in die Arena gelegt. Die Dame hat es mir damit gedankt, dass sie begann, mit den Flügeln und anderen nicht verwerteten Überresten von Futtertieren, den kleinen Spalt zwischen Glas und Gips am Rande ihrer Kammer auszufüllen. Das hat mich wegen der drohenden Schimmelgefahr natürlich überhaupt nicht gefreut. Ich hab dann rasch etwas lebende Springschwänze in die Arena gegeben, die mithelfen sollten, den drohenden Schimmel zu verhindern. Allerdings habe ich ihnen dann doch nicht zugetraut, dass sie innert nützlicher Frist mit der Menge an Material zu Rande kommen. Deshalb beschloss ich kurzerhand, der Gyne, die sich gerade auf einem ihrer häufigen Ausflüge in der Arena befand, den Rückweg zu versperren und die Scheibe über den Nestkammern kurz zu reinigen. Das klappte problemlos - ausser der Gyne hat es niemanden aufgeregt.


Um mich wieder etwas beliebter zu machen, bot ich ihr in der Arena auch etwas feuchten Sand an, der prompt als Baustoff angenommen wurde. Die Spalten werden seither mit Sand, statt mit toten Fruchtfliegen ausgekleidet.


Von da an habe ich nur noch jeden dritten Tag tote Futterinsekten angeboten. Ich konnte übrigens bisher noch nie beobachten, dass sich die Gyne für Honig/Honigwasser auch nur interessiert hätte.


Gerade als es Anfang Oktober anstand, sich mit dem Zeitpunkt für die Winterruhe zu beschäftigen, (es war/ist draussen untypisch warm), entdeckte ich, dass sich 3 der 4 Larven verpuppt hatten. Ich beschloss mit der Winterruhe zu warten, bis die Tiere geschlüpft (naja, was tun Nacktpuppen da eigentlich?) sind. Die vierte Larve hat sich später auch noch verpuppt (naja), ihre Puppe ist allerdings deutlich grösser, als die anderen drei. Aus den Eiern sind inzwischen kleine Larven geworden.


Am 23.10. war es dann so weit, die erste Pygmäe ist erwacht! Sie wirkte anfangs etwas unbeholfen und macht ihrem Namen alle Ehre, sogar meine Myrmica rubra Arbeiterinnen sind etwas grösser, als die Kleine! Auffällig ist auch die sehr helle gelb/orange Färbung, nur die Gaster ist deutlich dunkler (fast schwarz).


In Abstand von je einem Tag sind auch die anderen zwei Puppen geschlüpft. Die Vierte, grössere ist noch fast weiss und will sich noch etwas Zeit lassen...


Seit die drei Arbeiterinnen da sind, wechselt die kleine Schar öfter die Nestkammern ohne ersichtlichen Grund, an den Parametern habe ich nichts verändert. Im Unterschied zur Mutter, interessieren sich die kleinen übrigens auch für Honig, auch wenn sie – der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – Insekten bevorzugen.



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#2 AW: Manica rubida - Haltungserfahrungen

Beitrag von Reber » 29. Oktober 2013, 14:04

Anbei noch drei Fotos. Sie taugen für sich leider nicht allzu viel, weil sie mit meinem Handy aufgenommen wurden. Können aber beim Veranschaulichen meines Geschreibsels dienen.

Auf dem ersten Bild ist das Gipsnest mit seiner Mini-Arena zu sehen.

Auf dem Zweiten erkennt man (möglicherweise) die Gyne und ihre erste Pygmäe. Rechts unten in der Nestkammer sieht man die zwei gefärbten Pygmäen-Puppen und eine etwas grössere, weisse Puppe.

Da die Arbeiterinnen immer öfter in der Mini-Arena herumstöbern, habe ich ein kleines Glasbecken angeschlossen, das sie hoffentlich bald erkunden werden (drittes Bild).
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#3 AW: Manica rubida - Haltungserfahrungen

Beitrag von Reber » 4. November 2013, 01:03

Das häufige Umziehen innerhalb des Nestes (manchmal mehrmals täglich) hat inzwischen nachgelassen, die Kolonie hält sich mehrheitlich in einer der zwei mittleren Kammern auf und wechselt nur noch selten in eine der hinteren Kammern, vermutlich der Feuchtigkeit wegen. Eier, Larven und Puppen werden, wie bei Gründungen üblich, sehr unordentlich auf einem Haufen gelagert.

Apropos Puppen: die vierte, etwas grössere Puppe (Bild 1) ist heute geschlüpft (Bild 2).

Brut ist in allen Stadien vorhanden (Bild 3), ich kann deutlich über ein Dutzend Larven unterschiedlicher Grösse und mindestens ein Eipaket erkennen. Genaue Zahlen kann ich leider nicht liefern, da ich das Nest sehr feucht halte und sich folglich Wassertropfen an der Scheibe bilden. Dazu kommt noch, dass die Manica Lehm und Sand nicht nur zum abdichten von Spalten brauchen.

Die drei Pygmäen sind inzwischen schön rot ausgefärbt und verhalten sich nicht mehr so tapsig und schreckhaft wie zu Beginn. Sie verlassen das Nest sowohl tagsüber als auch in der Nacht und tragen fleissig alle angebotenen Futterinsekten ein, um diese an die Gyne und die Larven zu verfüttern. Auch am Honig, den ich täglich anbiete, sind sie oft zu sehen. Dazu gibt es wieder jeden zweiten Tag Proteine (je zwei Fruchtfliegen oder Heimchen) an. Besonders an den Tagen, an denen ich das nicht tue, sind die Arbeiterinnen auch im Glasformi anzutreffen.

Die Gyne scheint das Nest nicht mehr zu verlassen. Ich habe sie, seit die zweite Arbeiterin geschlüpft ist, nie mehr in der Arena gesehen. Im Nest bewegt sie sich aber häufig in den Kammern und den Gängen.

Obwohl die junge Kolonie auch am 3. November noch absolut keine Anstalten zur Winterruhe macht und auch neue Eier vorhanden sind, werde ich in den nächsten Tagen die Winterruhe einleiten. Überwintert wird dann in einer Styroporkiste auf dem Balkon.

Drückt der Kolonie und mir die Daumen, dass sie das Prozedere gut übersteht!
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#4 AW: Manica rubida - Haltungserfahrungen

Beitrag von Reber » 8. November 2013, 00:47

Leute, es läuft nicht wie geplant. Ich habe wie angekündigt die Winterruhe einzuleiten versucht, in dem ich das Nest an einen kühleren Ort gebracht habe, wo Temperaturen zwischen 18 °C (Tag) und 15 °C (Nacht) herrschen.

Ausserdem habe ich aufgehört Insekten zu füttern und nur Honigwasser in der Arena belassen.

Zuerst sah alles gut aus, die Ameisen begannen Sand in den Eingang zu legen (bauten ihn aber nicht ganz zu) und schienen deutlich träger.

Heute wollte ich die Temperatur noch eine Stufe herunterfahren, da entdeckte ich die Gyne in der Arena, sie trank Honigwasser (konnte ich zuvor nie beobachten)! Ausserdem hat sich eine Larve verpuppt.

Ich bin jetzt recht unentschlossen bezüglich des weiteren Vorgehens:
Soll ich einfach weiter machen und sie zur Winterruhe „zwingen“? Oder soll ich vorerst zuwarten und sie warm weiter versorgen? Was würdet ihr tun?



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#5 AW: Manica rubida - Haltungserfahrungen

Beitrag von Reber » 10. November 2013, 00:56

Wie ihr im Diskussionsthread nachlesen könnt, habe ich betreffend Einleitung der Winterruhe wertvolle Tipps erhalten und mich davon überzeugen lassen, die Winterruhe trotz der neuen Puppe einzuleiten.

Um die erwähnte Bandbreite bei den Temperaturen zu gewährleisten, habe ich das Nest vorläufig auf einer Fensterbank zwischen Fensterscheibe und geschlossenem Rollladen untergebracht. Das erleichtert mir Zugang und Kontrolle und ich kann die Temperatur zusätzlich „regulieren“, in dem ich das Fenster öffne oder schliesse. Vorerst passen die Aussentemperatur prima zu meinem Vorhaben. Tagsüber wurden in der letzten Zeit Werte von bis zu 17 °C erreicht, nachts wurde es bis zu 6 °C kalt. In der Regel lagen die Temperaturen aber des Nachts bei 8-10 °C. Jetzt solls langsam kälter werden.

Die Massnahme zeitigt ersten Erfolg: Die Ameisen verharren – besonders in der Nacht – fast regungslos bei der Brut. Tagsüber trifft man auch mal eine draussen, dort gibts aber nichts mehr zu fressen, da ich nichts mehr anbiete.

Ich will das Ganze noch etwas beobachten und wenn alles glatt geht, kommen die Ameisen in einer Woche zu den anderen auf den Balkon in eine sonnengeschützte, grosse Styroporbox, in der sich auch 7 zu 3/4 mit Wasser gefüllte PET-Falschen befinden. Überwintert wird also nach der Methode von Erix.

Boro hat darauf hingewiesen, dass M. rubida tiefe Temperaturen gut aushalten kann, da sie im Gebirge bis auf fast 2000m Höhe vorkommt. Deswegen mache ich mir diesbezüglich trotz Balkonüberwinerung keine grossen Sorgen. Anders sieht es mit der Feuchtigkeit aus. Hier ist bekannt, dass M. rubra sehr empfindlich auf das Austrocknen reagiert. Da ist regelmässige Kontrolle und Bewässerung natürlich unerlässlich. Zudem werde ich am Verbindungsschlauch zum Gipsnest ein Reagenzglas mit Wasser anbieten.



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#6 AW: Manica rubida - Haltungserfahrungen

Beitrag von Reber » 14. Dezember 2013, 16:22

Der Vollständigkeit halber eine kurze Aktualisierung aus der Winterruhe:

Unlängst machte ich mir noch Sorgen darüber, dass einzelne Arbeiterinnen während der Winterruhe trotz Kisten-Temperaturen vom 5 bis 0 Grad im Nest umher wandelten. Selber beobachten konnte ich sie dabei zwar nie, aber ihre Fundorte verrieten es mir.

Jetzt sitzen sie bei 0 bis - 2 °C alle zusammengekauert in der Kammer bei der Brut und schauen dabei so leblos aus, dass ich immer froh bin, wenn doch noch eine einen Fühler bewegt!

Sie können es ihrem Halter einfach nicht recht machen. Machen aber offenbar alles richtig ;)
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#7 AW: Manica rubida - Haltungserfahrungen

Beitrag von Reber » 9. Januar 2014, 15:26

Da die warmen Tage bei uns anhalten - mit Aussentemperaturen am Nachmittag von 10 °C - 15 °C im Januar(!) - und in der Folge die "Aktivitäten" meiner Manica in der Kiste wieder zugenommen haben, habe ich die Gründerkolonie vorübergehend zur Sicherheit im Kühlschrank bei konstant 4 °C untergebracht.



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#8 AW: Manica rubida - Haltungserfahrungen

Beitrag von Reber » 30. Januar 2014, 12:52

Oh man, wie ich das hasse: Bei der letzten Kontrolle vor 4 Tagen war im Kühlschrank noch alles in Ordnung. Jetzt sind zwei Pygmäen tot. Um sicher zu gehen, habe ich die Temperaturen auf 10 °C erhöht: Die Gyne und die grösste Pygmäe wirken „munter“, die dritte Pygmäe macht einen angeschlagenen Eindruck...
Das Problem ist, ich habe keine Ahnung warum sie gestorben sind. Klar, Pygmäen werden nicht sonderlich alt. Aber da sie recht spät geschlüpft sind, habe ich damit gerechnet, dass sie die Winterruhe überstehen. An der Feuchtigkeit und der Temperatur kann es übrigens nicht liegen, alles unverändert.

Jetzt bin ich etwas unschlüssig, wie ich weitermachen soll.
  • Zu frühes Auswintern ist irgendwie Scheisse, aber ich möchte vermeiden, dass die Königin ohne Arbeiterinnen ins Frühjahr starten muss...
  • Vielleicht haben sie zu wenig Reserven? Ich könnte mal eine Woche auf 10 °C lassen und Futter anbieten. Aber ob das besonders gut ist, für den Stoffwechsel? Und ob sie überhaupt fressen? Frost hätten sie immerhin nicht mehr zu befürchten, wenn sie wieder in den Kühlschrank kommen.
  • Nichts tun, auf die Königin vertrauen und hoffen, dass es nur die normale Sterberate ist?
http://www.ameisenforum.de/meinungen-fr ... 51083.html
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