Einsteigerfragen Ameisenkolonie

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Voku
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#1 Einsteigerfragen Ameisenkolonie

Beitrag von Voku » 24. November 2018, 23:36

Hallo Freunde,

ich habe vor, mir in nächster Zeit eine Ameisenkolonie anzuschaffen und habe dazu einige grundlegende Fragen.

1. Welche Art
Ich suche eine Art, die sich nicht zu langsam entwickelt, aber mir auch nicht in zwei Jahren völlig über den Kopf wächst. Körnersammler finde ich ganz interessant und schön wäre auch, wenn die Ameisen nicht zu klein sind. Ich will sie schließlich gut beobachten können.

2. Kosten
Mit welchen Kosten muss ich in den nächsten Jahren rechnen?

3. Winterliche
Ich weiß, ich stoße hier ein vermutlich leidiges Thema an, aber wie wichtig ist die Winterruhe für die Ameisen und was sind die Konsequenzen, wenn diese nicht eingehalten wird, bzw gibt es Arten ohne Winterruhe oder nur mit einer sehr eingeschränkten? Ich frage deshalb, da es in meiner Studentenwohnung sehr schwierig ist, eine solche Winterruhe, bei dafür nötigen Temperaturen, anzubieten.

Zu guter letzt stelle ich mir die Frage, ob die Ameisen bei den momentanen Temperaturen nicht bei dem Transport durch die Post erfrieren können und ich daher mit der Bestellung nicht lieber noch bis zum nächsten Frühjahr warte.

Danke für eure Antworten!
Gruß



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Serafine

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#2 Re: Einsteigerfragen

Beitrag von Serafine » 25. November 2018, 08:40

Voku hat geschrieben:1. Welche Art
Ich suche eine Art, die sich nicht zu langsam entwickelt, aber mir auch nicht in zwei Jahren völlig über den Kopf wächst. Körnersammler finde ich ganz interessant und schön wäre auch, wenn die Ameisen nicht zu klein sind. Ich will sie schließlich gut beobachten können.

Die Körnersammler werden leider alle sehr groß, was die Arbeiterinnenzahl betrifft (12-15k oder mehr bei Messor), ebenso die meisten Lasiusarten (Lasius niger bis 50k, Lasius flavus bis 250k).

Kleinere Kolonien finden sich eher bei bestimmten Spezies von Formica, Camponotus oder auch Polyrhachis (da kommt es aber wirklich sehr auf die individuelle Art an).
Formica fusca hat ein sehr gutes Verhältnis von Wachstum (erstaunlich schnell wenn man sie mit Proteinen zuwirft) und maximaler Koloniegröße (500-2000 Arbeiterinnen laut Shop, wenn man sie gut füttert dürften sie es auch auf 6-8k schaffen) und sind allgemein sehr neugieriege, lauffreudige und v.a. tagaktive Ameisen, die gut für Anfänger geeignet sind - sie sind nur sehr schreckhaft und sollten am besten in einem externen Nest gehalten werden (z.B. zwei Boxen, eine mit Nest-RG und eine wo das Futter reinkommt, damit nicht jedesmal Panik ausbricht wenn man den Deckel öffnet). Von der Größe sind sie mit bis zu 8mm (4-8mm) jetzt auch noch im passablen Bereich, wenn auch keine 15mm wie viele Camponotus oder Messor.

Voku hat geschrieben:2. Kosten
Mit welchen Kosten muss ich in den nächsten Jahren rechnen?

Das kommt sehr darauf an wie du deine Becken und Nester gestalten möchtest und ob du selbst Futtertiere züchtest.

Nester kann man prinzipiell auch selbst aus Holz oder Ytong anfertigen, da wird es dann ziemlich günstig (Ytongblöcke gibt es für 10€ im Baumarkt). Das hängt aber auch von der Ameisenart ab, bei Messor würde ich empfehlen ein Ytongnest mit Acrylglasscheiben einzufassen, da die sich durch Ytong beißen können - das kann man auch selbst machen, aber Acrylglas schneiden ist dann schon etwas anspruchsvoller und setzt das richtige Equipment voraus (oder man lässt es sich im Baumarkt zuschneiden, was dann halt etwas mehr kostet).

Viele Arten kann man sogar dauerhaft in Reagenzgläsern halten, bzw. der erweiterten Variante Tubs&Tubes (eine kleine externe Plastikbox mit 3-5 Reagengläsern drin, wenn die RGs austrocknen bietet man einfach eine zweite solche Box an und wartet bis die Ameisen umgezogen sind bevor man die erste Box abtrennt, die RGs wieder auffüllt und das ganze wieder anschließt - das klappt v.a. bei Umzugsfreudigen Arten wie Formica fusca sehr gut, da kann man dann quasi Ping-Pong zwischen zwei Tubs&Tubes-Nester spielen) oder der vertikalen Variante Tubes&Racks (einfach einen stapelbaren Reagenzglashalter mit so 20-30 RGs bestücken, und wenn die RGs austrocknen einen zweiten RG-Halter anbieten, warten bis sie umgezogen sind, dann den ersten neu bestücken, usw. - abhängig von der Art und dem RG-Halter kann man ausgetrocknete RGs sogar im aktiven Betrieb auswechseln).

Arenen kann man prinzipiell auch aus Plastikboxen bauen, hier kommt es halt auch wieder sehr darauf an, was die eigenen Ansprüche sind und ob es mit der gehaltenen Art kompatibel ist. Mein Camponotus-Setup hat noch immer zwei Plastikboxen (die dritte wurde mittlerweile durch einen zweiten großen Antstore-Glastank ersetzt) - gerade in der Anfangszeit können solche Plastikboxen viel Platz für wenig Geld bieten (dann muss man nicht auf einmal so viel ausgeben), viele Arten lassen sich auch dauerhaft so halten (sieht halt nicht so hübsch aus). Bei großen Ameisen ist das einfacher, kleine Ameisen drücken sich gern durch jede Ritze, so dass man Plastikboxen oft noch selbst modifizieren muss (z.B. mit Aquariensilikonkleber ein 0.2mm-Metallgitter in den Deckel einer luftdichten Plastikbox kleben).

Futterkosten hängen stark von der Art ab - bei Messor ist Futter natürlich supergünstig, weil für die Körnern und Eigelb ausreichen. Meine Camponotus barbaricus füttere ich mit Futterinsekten aus dem Tierladen und flüssigem Katzenfutter (würde sagen laufende Kosten so 20-30€ im Monat). Das ist auch bei 5k Ameisen noch ziemlich günstig (die 5€ pro Flasche Ahornsirup alle 2 Monaten sind sowieso vernachässigbar). Bin aber gerade dabei eine Dubiaschabenzucht vorzubereiten, dann dürften die Futterkosten auch nochmal erheblich sinken.

Voku hat geschrieben:3. Winterliche
Ich weiß, ich stoße hier ein vermutlich leidiges Thema an, aber wie wichtig ist die Winterruhe für die Ameisen und was sind die Konsequenzen, wenn diese nicht eingehalten wird, bzw gibt es Arten ohne Winterruhe oder nur mit einer sehr eingeschränkten? Ich frage deshalb, da es in meiner Studentenwohnung sehr schwierig ist, eine solche Winterruhe, bei dafür nötigen Temperaturen, anzubieten.

Tropische Arten halten generell keine Winterruhe, mediterrane Arten nur abgeschwächte Winterruhe. Bei mediterranen Arten hängen die individuellen Bedürfnisse recht stark von der genauen Art ab - generell wird für Ameisen aus Spanien/Südeuropa so 3-4 Monate bei 15°C empfohlen, meine Camponotus barbaricus halten aber auch bei 18-20°C im Zimmer problemlos Winterruhe (wenn sie einmal angefangen haben ziehen sie die auch komplett durch bis Februar/März, egal wie warm es wird), da reicht es im Prinzip schon einfach das Wärmekabel auszustecken und 1-2 mal am Tag ordentlich durchzulüften (was man ja sowieso machen sollte), Messor barbarus scheinen dagegen etwas anspruchsvoller zu sein.

Voku hat geschrieben:Zu guter letzt stelle ich mir die Frage, ob die Ameisen bei den momentanen Temperaturen nicht bei dem Transport durch die Post erfrieren können und ich daher mit der Bestellung nicht lieber noch bis zum nächsten Frühjahr warte.

Verantwortungsvolle Ameisenhändler verschicken tropische Arten garnicht mehr, wenn die Temperaturen auf unzumutbare Tiefen fallen. Ist es nur etwas kühler (10-15°C) werden die Ameisen mit Wärmepad verschickt, wird es zu kalt muss man halt warten, bis die Temperaturen wieder auf vernüftige Maße klettern oder die Ameisen persönlich abholen.
Bei mediterranen Arten hängt es stark von der Ameisenart ab was die wegstecken können, meine C. barbaricus hingen auch 6 Tage in der Post, teilweise bei leichten Minusgraden (bis -5°C), ausgemacht hat es ihnen nichts.
Tropische Arten sollte man bei Temperaturen von unter 10°C wohl auch mit Wärmepad eher nicht verschicken.
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#3 Re: Einsteigerfragen

Beitrag von Voku » 25. November 2018, 14:42

Danke für die ausführliche Antwort, das hat mir weitergeholfen. Ich habe mich jetzt dazu entschieden, mir die messor Barbarus oder messor capitatus entschieden. Da ich handwerklich begabt bin, werde ich selbst ein Gipsnest bauen und habe auch sonst einige Ideen, wie ich zu einem späteren Zeitpunkt die Sache mit dem Platz handeln kann.
Bei messor Barbarus gibt es im Shop aktuell lediglich Königinnen ohne Arbeiter und ich habe mal gelesen, dass eine Gründung nur mit einer Königin ohne Arbeiter um ein vielfaches schwieriger ist, als wenn sie schon mit einigen Arbeitern ankommt. Stimmt das so und sollte ich daher, gerade als Anfänger, lieber zur messor capitatus greifen?

Gruß



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#4 Re: Einsteigerfragen

Beitrag von Roteameise » 25. November 2018, 16:25

Hey,
Es ist glaube ich das ist bei jeder Ameisenart so. Wenn Arbeiterinnen dabei sind ist es unwahrscheinlicher das sie stirbt.
Wenn du dir jetzt noch eine Königin kaufen möchtest ( die Temperaturen sind ja schon arg kalt) musst du gucken das der Shop dir da was rein tut was die Ameisen warm hält.
Ich habe einen übrigens einen Shop gefunden der noch Messor barbarus mit Arbeiterinnen verkauft.
Ich schick dir gleich mal den Link



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#5 Re: Einsteigerfragen

Beitrag von Timmey91 » 25. November 2018, 16:40

Hey Voku,

Da die Messor Arten auch gerade erst den Schwarmflug hinter sich haben und die Königinnen erst nach der Winterruhe gründen ist das auch kein Wunder das die Shops zum Großteil nur Königinnen verkaufen.
Das mit der schwierigen Gründung würde ich persöhnlich aber nicht unterschreiben. Das einzige was bei den Messoren wirklich eine große Rolle spielt ist die Geduld! Wenn die anderen Parameter, z.B. Temperatur usw passen, ist es nur wirklich wichtig diese Art in Ruhe gründen zu lassen.
Ständiges Nachschauen und kleine Erschütterungen stressen die Königinnen schnell.
Das heißt, man sollte sie einfach ein paar Wochen an einem geeigneten Platz „vergessen“ ;)

Ich habe schon öfter gesehen wie sich manche Halter 4-5 Königinnen geholt haben weil sie dachten das dann wenigstens eine es schafft, und am Ende haben alle Königinnen erfolgreich gegründet :).

Ich denke da macht es auch keinen Unterschied ob Messor barbarus oder Messor capitatus.

Liebe Grüße
Tim



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#6 Re: Einsteigerfragen Ameisenkolonie

Beitrag von Voku » 29. November 2018, 14:40

Ich habe mir nun im Antstore eine messor Barbarus Königin bestellt, werde sie die erste Zeit im Reagenzglas und einer provisorischen Arena (Brotdose) halten. Zu gegebener Zeit plane ich ein Gipsnest selbst zu bauen.

Was die Sache mit der Winterruhe betrifft, habe mir eine kleine 5watt wärmematte bestellt und werde mal schauen, ob ich sie damit für dieses Jahr von der Winterruhe abhalten kann, ab nächstem Winter steht mir dann ein unbeheizter Kellerraum zur Verfügung, den ich für die Winterruhe nutzen werde.

Wie realistisch es ist, dass die Königin noch vor dem Frühjahr mit der Gründung beginnt, wird sich zeigen, da herrscht ja ziemliche Uneinigkeit in allen Foren.

Was haltet ihr soweit von dem Setup? Irgendwelche Einwände?



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Harry4ANT

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#7 Re: Einsteigerfragen Ameisenkolonie

Beitrag von Harry4ANT » 29. November 2018, 15:50

RG & provisorische Arena passt - denk an eine kleine Belüftung wenn die Brotdose dicht abschließt.

Die Wärmelampe würde ich einfach erst mal weglassen und bis ~ Februar nur beim Raumtemperatur an einem ruhigen Ort alles platzieren.
Auch mal schauen ob und mit was für Brut sie ankommt.
Beim Beheizen vom RG musst du auch recht vorsichtig sein - wird gerne zu warm und dann gibt es keine Ausweichmöglichkeit für die Dame.

Statt Gipsnest würde ich dir Ytong empfehlen für späteres Nest - ist einfach bessere Befeuchtung, Belüftung (Stichwort Schimmel).


A.octospinosus_ 4) _C.cosmicus_ 4) _T.nylanderi_ 4) _C.nicobarensis_ 4) _P.megacephala_ 4) _A.gracilipes_ 4) _M. barbarus_ 4) _C.japonicus_ 4) _C.fellah

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#8 Re: Einsteigerfragen Ameisenkolonie

Beitrag von Serafine » 29. November 2018, 21:59

Voku hat geschrieben:Wie realistisch es ist, dass die Königin noch vor dem Frühjahr mit der Gründung beginnt, wird sich zeigen, da herrscht ja ziemliche Uneinigkeit in allen Foren.

Wenn der Händler sie mit Wärmepad verschickt hast du eventuell Chancen, fährt sie kalt mit der Post dürfte sie schon auf Winterruhe eingestellt sein und die dann wahrscheinlich auch durchziehen.
Wäre mit Wärmepad übrigens sehr vorsichtig, da kann man schnell Probleme mit Überhitzung (v.a. bei kleinen Behältern) und Kondensation (v.a. in relativ zum RG kalten Räumen) bekommen, im Extremfall kann dabei sogar das RG geflutet werden.



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