nördlichste Ameisenart

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Unkerich

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#9 Re: nördlichste Ameisenart

Beitrag von Unkerich » 6. Februar 2019, 19:59

Maddio hat geschrieben:

Um einen Eindruck von dem Verbreitungsraum einer Spezies zu bekommen, kann ich Antmaps.org empfehlen, so z.B. der Link für die Daten von L. acervorum:
http://antmaps.org/?mode=species&species=Leptothorax.acervorum
und C. herculeanus:
http://antmaps.org/?mode=species&species=Camponotus.herculeanus


Laut Antmaps gibt es C. herculeanus sogar in den USA in zahlreichen Bundesstaaten, vom tiefen Süden Texas‘ über Colorado und Kalifornien bis ins kalte Alaska. Ich muss gestehen, davon habe ich noch nie gehört. Auch bin ich relativ regelmäßig drüben und habe dort noch nie ein Tier gefunden, welches ich als C. herculeanus bestimmt hätte.
Ist darüber jemandem von euch etwas bekannt, oder handelt es sich um einen Fehler? Auch dass die Art in Großbritannien nur indoor eingeschleppt sein soll, kommt mir irgendwie spanisch vor, allein wenn man an die Schwarmflüge denkt.

Abaton23 hat geschrieben: Die klaubt man auf, wie Kirschen.

Naja, das lässt sich leider nicht so ganz verallgemeinern, ist ja sehr stark orts- und auch jahresabhängig. :(
Hier in meiner Gegend habe ich beispielsweise in fast zehn Jahren keine einzige Gyne von C. herculeanus gefunden, und das lässt sich auch auf einige andere Orte Deutschlands übertragen. So flächendeckend wie beispielsweise L. niger sind sie also nicht verbreitet, man kann sich schon glücklich schätzen, wenn man eine stabile und derart reproduktive Population in der Gegend hat! ;)


Grüße
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#10 Re: nördlichste Ameisenart

Beitrag von Abaton23 » 6. Februar 2019, 20:29

Unkerich hat geschrieben:...man kann sich schon glücklich schätzen, wenn man eine stabile und derart reproduktive Population in der Gegend hat! ;)


Oh-ja. Ich hab hier einen gut geschützten Gemeindewald. Da gibt es einen ca. 150 Meter langen Schotterweg entlang einer Lichtung. Ich nenn sie die Ameisenautobahn. Dort saßen im Schnitt alle 8 Meter eine C.herculeanus. 14 Tage später saßen da nochmal zahlreiche C.ligniperdas. Wieder 3 Tage später fand ich zwei etwas "haarige" C.herculeanus. Ich denk mir: "Nee, von denen hast Du schon" und lass sie laufen. Daheim überkommts mich: "Oooh, was, haarig? Das war wohl C.vagus!" Nochmal 14 Tage, da sitzen drei Raptiformicas.

Mal sehen, was 2019 so bringt. ;)
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#11 Re: nördlichste Ameisenart

Beitrag von Maddio » 6. Februar 2019, 20:40

Hi,

Unkerich hat geschrieben:Laut Antmaps gibt es C. herculeanus sogar in den USA in zahlreichen Bundesstaaten, vom tiefen Süden Texas‘ über Colorado und Kalifornien bis ins kalte Alaska. Ich muss gestehen, davon habe ich noch nie gehört. Auch bin ich relativ regelmäßig drüben und habe dort noch nie ein Tier gefunden, welches ich als C. herculeanus bestimmt hätte.
Ist darüber jemandem von euch etwas bekannt, oder handelt es sich um einen Fehler?


Ich habe schon öfter davon gehört, dass sie speziell in Kanada für Schäden an Häusern sorgen. Jedenfalls findet sich folgende Angabe in der Literatur:

Distribution. CANADA: Quebec; USA: Most of United States;
-->Mackay, W. P. and E. Mackay. 2002. The ants of New Mexico (Hymenoptera: Formicidae). Edwin Mellen Press, Lewiston, NY, S. 291


http://www.antwiki.org/wiki/images/c/cf/Newmexicoants.pdf

Sie wird dort auch als "very common species" beschrieben, scheint also nicht selten in den USA zu sein.

Unkerich hat geschrieben:Auch dass die Art in Großbritannien nur indoor eingeschleppt sein soll, kommt mir irgendwie spanisch vor, allein wenn man an die Schwarmflüge denkt.


Da kann ich nichts zu sagen und habe ich jetzt auch nicht weiter recherchiert. Für Belgien wird übrigens dasselbe angezeigt. Das UK ist ja generell eher Ameisen- und waldarm. In Belgien würde mich ein Fehlen von C. herculeanus auch nicht unbedingt wundern, da sie ja eher eine Gebirgsameise ist, und Belgien flach wie eine Flunder ist. Aber das sind jetzt nur meine Vermutungen, in der Literatur finden sich bestimmt genauere Angaben.

LG Maddio
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#12 Re: nördlichste Ameisenart

Beitrag von Gast » 6. Februar 2019, 21:22

Erst letztes Jahr kam ein Paper ("Do Holarctic ant species exist?" PDF download, Laden dauert etwas, aber ansonsten nur hinter paywall vorhanden...) heraus, das sich mit der Frage beschäftigte, ob es holarktische Ameisenarten, also Ameisenarten, die natürlich in der gesamten Nördlichen Hemisphäre vorkommen, gibt.

Dabei stellte sich heraus, dass Camponotus herculeanus tatsächlich dazu gehört, auch Leptothorax acevorum kommt sowohl in America als auch Europa natürlich vor.

Bei anderen Arten, bei denen man bis dahin dachte, dass sie sowohl hier als auch in den USA bzw. Kanada natürlich vorkommen, stellte sich heraus, dass es unterschiedliche Arten sind. z. B. Lasius flavus, Lasius niger kommen nicht natürlich in der Nearktis vor.

Die Art, die man ursprünglich für Lasius niger in den USA hielt, ist jetzt als Lasius americanus benannt, die für Lasius flavus gehaltene Art als Lasius brevicornis.

Antmap ist in der Hinsicht auch nicht mehr aktuell, da sind diese Neuerung soweit ich weiß noch nicht drin...

Am aktuellsten hinsichtlich Verbreitung ist das antwiki. Da stehen auch schon die neuen Arten für Canada drin: http://www.antwiki.org/wiki/Canada, also findet man durch keine Lasius flavus und keine Lasius niger mehr.

Völlig vergessen kann man hier das Ameisenwiki, da wird ja nichts mehr aktualisiert und man weigerte sich sogar Änderungen bei den Artnamen zu aktualisieren, die bereits 2016 stattfanden...



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#13 Re: nördlichste Ameisenart

Beitrag von Maddio » 6. Februar 2019, 21:40

Ich habe vorhin auch noch in einem Werk von Creighton aus den 50er Jahren gelesen. Dort wurde geschildert, dass Forel ursprünglich eine Einteilung in C. herculeanus für Europa und C. whymperi für Nordamerika vorgesehen hatte, diese aber ziemlich sinnlos erschien da es sich um ein und dieselbe Art handelt, und der einzige Unterscheidungspunkt das Verbreitungsgebiet war. So hat es dann auch wohl seinen Lauf genommen, dass es sinnvollerweise nur die eine Bezeichnung gibt. (In dem Zusammenhang auch nicht uninteressant, dass Forel C. pennnsylvanicus für eine Abstammung von C. herculeanus gehalten hat, was Creighton aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen beiden Arten kritisch sieht - mehr dazu im Werk von Creighton nachzulesen, kann den Link bei Bedarf nachliefern)

Folgende Theorie von mir, eigentlich ist es doch gar nicht so unwahrscheinlich, dass C. herculeanus genau wie die Menschen (Native Americans, Eskimos) über die Behringstraße gekommen sind, als diese passierbar gewesen ist. Die C. herculeanus kommen in Sibirien und in Alaska vor, waren also vermutlich "zugegen", um die Behringstraße zu überqueren.

Und was mir auch noch eingefallen ist: Im Antkeeping Discord finden sich sehr viele Ameisenhalter aus den USA, die C. herculeanus halten (wie bei uns größtenteils Gründerkolonien). Scheint regional also tatsächlich häufig zu sein (im Gebirge und seinen Ausläufern).

LG Maddio
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#14 Re: nördlichste Ameisenart

Beitrag von Serafine » 6. Februar 2019, 22:07

Temnothorax nylanderi kann man auch gut einem 40x30-Tank halten und das sogar auf Dauer. Viel mehr als 200 Ameisen werden das nicht. Und an Pflegeleichtigkeit dürften sie auch kaum zu überbieten sein, die sind ja praktisch unkaputtbar und sehr bescheiden was den Futterverbrauch angeht. Im Winter kann man sie dann auf die Terasse stellen, die leben ja auch auf dem Waldboden und werden mit allem fertig was das lokale Wetter zu bieten hat.
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#15 Re: nördlichste Ameisenart

Beitrag von Unkerich » 6. Februar 2019, 22:52

@Maddio Sehr interessant; dass C. herculeanus in Nordamerika verbreitet ist war mir tatsächlich so nicht bekannt, wieder was gelernt :).

Möglicherweise habe ich C. herculeanus dann einfach immer übersehenen - ist natürlich durchaus möglich, zudem möchte ich auch nicht ausschließen, dass ich eventuell gesehene Arbeiter falschen Arten zugeordnet haben könnte, da die Ameisenarten der meisten Gegenden Nordamerikas nicht so ganz zu meinen Kernkompetenzen zählen, und ich entsprechend auch nicht mit C. herculeanus gerechnet habe. Wenn ich wieder in den entsprechenden States bin, werde ich dahingehend aber definitiv mal genauer hinschauen.
Deine Theorie mit der Behringstraße klingt auch nicht ganz unrealistisch, würde ich ebenfalls für möglich halten.
Dass es in den Rockies, großen Teilen Kanadas, Teilen des Nordens der USA und auch in Alaska C. herculeanus geben könnte, erscheint mir nach deinen Ausführungen und in Anbetracht möglicher Habitate auch gar nicht mehr so unwahrscheinlich.
Aber C. herculeanus in der Prärie und den Wüsten von Texas oder gar Nevada und Arizona? Da habe ich noch immer etwas Zweifel, werde diesbezüglich auch mal etwas recherchieren, wenn ich die Zeit dazu finde - womit es momentan aber leider eher schlecht aussieht :rolleyes:

@Irina sollte dir diese Diskussion zu weit von der Ausgangsfrage entfernt sein, gib einfach Bescheid, dann verschiebe ich entsprechende Beiträge in ein neues Thema.


Viele Grüße
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#16 Re: nördlichste Ameisenart

Beitrag von Irina » 7. Februar 2019, 13:14

Das für mich alles sehr schwer zu verstehen, da ich mich mit den Artennamen nicht auskenne. Aber die Art, die es auf ca. 200 Arbeiterinnen Schaft und draußen gehalten werden kann scheint mir sehr interessant. Wie heißt die nochmal und beißt sie? Sind das große oder kleine Ameisen?

Auch die größte Ameise Nordeuropas ist interessant und die beißt nicht. Würde mich über die Infos beider Arten freuen. Bei mir gibt's die wahrscheinlich nicht, komm aus der Nähe von Toulouse.

1000 Dank.



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