HB Camponotus nicobarensis

Berichte, Erfahrungen in der Haltung exotischer Ameisen.
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Joe1x89
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#1 HB Camponotus nicobarensis

Beitrag von Joe1x89 » 12. November 2017, 17:20

Hallo zusammen,
vor kurzem bin ich in die Ameisenhaltung eingestiegen. Schon oft hatte ich mit einer eigenen Ameisenkolonie geliebäugelt – dieses Jahr habe ich das Projekt nun endlich angepackt.
Ich hoffe hier durch die Erfahrung und die Kritik der Forummitglieder zu profitieren und den Einstieg mit einer kleineren Kolonie zu meistern.
Vor zwei Wochen, am 27.11.2017, kam meine Bestellung…
Camponotus nicobarensis
2 Gynen
25 Arbeiterinnen
1 kleines Paket Eier (ca.4-8 Stk)
1 Paket Springschwänze, 1 Paket weisse Asseln
Die Entscheidung mit einer exotischen Art anzufangen ist mit nicht leicht gefallen – besonders als blutiger Anfänger möchte man sich ja nicht gleich überfordern. Ich hatte mich durch einige Haltungsberichte, sowie Ernes Bericht auf Ameiseninfo.de „schlau“ gelesen und schlussendlich überzeugte mich die oft als „Anfängerart bei den Exoten“ beschriebene Ameise.
Natürlich wusste ich um das schnelle Wachstum – ganz in meinem Sinne. Ich wollte mir große Umbauten und Erweiterungen am Formicarium ersparen und bastelte mir eine Anlage, die m.E. der Endgröße entsprechen sollte.
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Arena:
Umgebautes Aquarium (b/t/h:80x30x40)
Gefüllt mit Wald-Terrariumbodensubstrat, sowie „gebackenen“ Tannennadeln aus dem nahe gelegenen Wald – insgesamt nur max. 2 cm Bodendeckung.
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23-24 °C Lufttemperatur im unteren Viertel der Arena erreiche ich durch eine unter dem Aquarium angebrachten 25W-Heizmatte (50x25cm)– das Thermostat ohne Nacht/Tag-Absenkung befindet sich ebenfalls am Beckenboden in der Arena. Bedingt durch die Temperatur im Wohnzimmer, die ich Nachts abfallen lasse, hat man trotzdem ein leichtes Temperaturgefälle (ca.2°C) in den Nachtstunden.
Beleuchtet wird die Anlage über ein LED-Band. Da das Formicarium aber nah am Fenster steht, ist dieses eigentlich eher aus optischen Gründen am Deckel installiert.
Den Deckel habe ich aus Hobbyglas selber zusammengesägt und auf weißen PVC-Winkeln am Aquarium abgelegt. Der weiße Winkel erfüllt auch den Zweck der Ausbruchsicherung. Dort konnte ich das Talkum auftragen, ohne dass das Geschmiere von Außen die Sicht auf die Arena betrübt. Zur Belüftung und Klimaregulierung habe ich in den Deckel mehrere große Löcher gesägt, diese mit Edelstahlgaze ausbruchsicher gemacht. Mit den übriggebliebenen runden Säge-Ausschnitten kann ich die Löcher bei Bedarf schließen um eine gewisse Luftfeuchtigkeit einzustellen.
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Die erste Woche hatte ich leider eine Luftfeuchtigkeit von 80 LF, bedingt durch feuchtes Bodenmaterial. Aktuell ist die Luftfeuchtigkeit bei ca. 50 LF – teilweise sinkt diese bis auf 45 LF ab, diese versuche ich dann mit Wasserzugabe nach oben zu korrigieren. Da die Camponotus nicobarensis trocken gehalten werden können, mache ich mir bei diesen Werten noch keine Sorgen. Über eine mit Wattepads gesichterten Vogeltränke ist jederzeit der Zugang zu Wasser gewährleistet.
Zur Bepflanzung hatte ich zu Anfang Eibensetzlinge aus dem Garten eingepflanzt – diese habe ich aber aus der Arena entfernt. Das Gießen beeinflusste zu stark die LF. Außerdem wollte ich gerade zu Anfang eine bessere Übersicht. Deswegen mussten diese weichen.
Über einen „gebackenen“ Thuja-Holzstamm in der Mitte des Beckens sollen die Ameisen in Zukunft in den externen Nestblock gelangen.
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Nestblock:
Umgebautes Aquarium (b/t/h: 60x30x40) hochkant aufgestellt, auf Rollwagen fixiert um ein Umsetzen oder kleines Versetzen zu vereinfachen.
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4 Seiten sind von Innen mit einer MDF-Konstruktion (2 cm stark) beklebt und ergeben die einzelnen Kammern – ich hoffe, das auf Grund der Größe des Nestblocks die Erweiterungsarbeiten der Kolonie in Grenzen gehalten wird. Nach Innen sind die Kammern mit beschichtetem Metallblech verschlossen. Damit das Holz atmen kann, gibt es auf jeder Seite des Aquariums mit Edelstahl-Gaze gesicherte Lüftungslöcher in die Kammern.
Eine Temperatur von 25-28°C erreiche ich thermostatgesteuert über einen 25W-Keramikstrahler im E27-Gewinde, der im Inneren des Aquariums die Aussenwände anstrahlt. Analog zur Arena habe ich auch hier keine Tag/Nacht-Absenkung…aber die natürlichen Schwankungen durch die Umgebungstemperatur im Wohnzimmer.
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Insgesamt habe ich somit eine waagerechte Nistfläche von 30x40cm, sowie 3 senkrechte Bereiche mit jeweils 60x40 cm. Die drei senkrechten Platten kann ich nach Bedarf nachträglich über ½-Zoll Schläuche (Innendurchmesser 12 mm) anbinden – Zum einen würde sich die am Anfang sehr kleine Kolonie in dem großen Block verlieren – zum Anderen würde ich gerne ein anfängliches Zumüllen der Anlage verhindern.
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Bewässern kann ich die Anlage über einen kleinen Schlauch im oberen Teil. Leider funktioniert das eingearbeitete Hygrometer nicht richtig (hoffe ich zumindest – eventuell auf Grund von fehlender Luftzirkulation in der Kammer). Ansonsten hätte ich 80 LF im Nest. Das könnte wiederrum daran liegen, dass die MDF-Platten vorher im etwas feuchteren Keller gelagert waren.

So das wärs erstmal mit dem Einstiegs-Thread…ich hoffe gegen keine Forumregeln verstoßen zu haben und ehrlich gemeinte Kritik zu erhalten. Im Anschluss werde ich parallel einen Diskusionsthread starten.

MfG
Joe
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#2 HB Camponotus nicobarensis

Beitrag von Joe1x89 » 12. November 2017, 17:25

#1

Da ich mich erst jetzt dazu entschieden habe einen Haltungsbericht zu schreiben, muss ich die letzten zwei Wochen zusammenfassen:
Die Lieferung kam gut verpackt an. Das Zählen durch das teilweise sehr verdreckte Reagenzglas war nicht so einfach: nach mehreren Versuchen landete ich bei 2 Gynen, 25 Arbeiterinnen und einem kleinen Ei-Paket. Ich hätte mir die Arbeiterinnen größer vorgestellt – aber es könnte auch daran liegen, dass es sich zum größten Teil um Pygmäen handelt.
Ich legte das Reagenzglas mit Alufolie bedeckt in die Arena. Nach gut 2 Minuten wurde die Arena mit 5 Arbeiterinnen erkundet. Am Abend fütterte ich im Garten frisch erbeutete Mücken, die auch ziemlich schnell mit 5-6 Arbeiterinnen ins Reagenzglas transportiert wurden.
Dabei wurde ich Zeuge vom Rekrutieren. Sehr interessant dabei zuzuschauen wie die Ameisen in einer Art Polonaise zur Futterstelle wanderten um die Beute gemeinschaftlich in Augenschein zu nehmen und anschließend ins Nest zu bringen.

Als ich am nächsten Tag von der Arbeit kam, erwischte ich eine der beiden Gynen wie sie durch die Arena lief. Ich dachte mir direkt, dass es sich um einen Umzug handeln würde. Leider nicht in den vorbereiteten Nestblock, sondern in eine Aufhäufung von Lavamulch und Terrariumboden.
Das gefiel mir natürlich gar nicht. So wurde mir der Einblick in das Nest genommen…Ich hatte Sorge das sie dort für längere Zeit Aufenthalt finden. Den schnellen Umzug aus dem Reagenzglas begründete ich mit der doch recht hohen Bodentemperatur in der Arena – fast 29°C. Hierzu hätte ich auch noch eine Frage – dazu am Ende des Threads.
Kurzerhand bastelte ich ein „provisorisches“ Nest aus einer Plastikdose und Panzerband, gefüllt mit Lavamulch und Bodengrund, direkt in die Arena gestellt. Dieses wurde nach ein paar Tagen angenommen und ich konnte in Ruhe das ehemalige Erdnest entfernen, bzw. Bodengrund abtragen damit der Graben ein Ende findet.
Bis heute halten Sie sich in diesem Provisorium auf. Sehr unübersichtlich und von außen nur schwer einsehbar. Deswegen gibt es auch vorerst leider keine Fotos der Kolonie.
In den zwei Wochen versuchte ich einiges an proteinreichem Futter.
Gut genommen wurden:
- Frische tote Mücken (werden eingetragen)
- Tote Weberknechte (zum Teil eingetragen)
- Am Katzenfutter wird direkt Vor-Ort gegessen
- Fliegenmaden werden nur genommen solange sie frisch getötet wurden
- Tote Fliege
- Totes Heimchen
- Toter frisch gehäuteter Mehlwurm
Ihrem aktuellen Geschmack entsprechen eher weniger:
- Tote Wespe wurde komplett liegen gelassen
Was mir beim Rekrutieren aufgefallen ist: Zum Teil kamen bis zu 8 Arbeiterinnen zu einer Fundstelle gelaufen, in Reih und Glied. Dann wurde entsprechendes Futter gesichert und zum guten Schluss blieb nur ein Bruchteil der Arbeiterinnen an Ort und Stelle und fing an die Futtertiere zu bearbeiten. Wird im Kollektiv entschieden ob die Fundstücke verwertet werden oder schlägt die „Sucherameise“ generell erstmal Alarm und rekrutiert – unabhängig von den Fundstücken? Genügend Futter war auf jeden Fall zu jedem Zeitpunkt vorhanden.
Mehr Probleme bereitete mir die Kohlehydratversorgung. Honig, ob 50:50 verdünnt oder pur als Tropfen in der Arena wurde links liegen gelassen. Zuckerwasser (50:50) und Zucker pur ebenfalls. Erst nach 1 ½ Wochen konnte ich die Kolonie mit selbst zubereitetem Invertzucker von der Kohlehydrataufnahme überzeugen. Zusammengesetzt aus 500g Bio-Zucker, 280g Wasser, 60 ml Zitronensaft und 5 g Natron – entsprechende Anleitungen gibt es zu Hauf im Netz. Bei Bedarf schreibe meine Variante gerne nochmal ausführlich auf.
Bis jetzt habe ich überall gelesen, dass diese Art mit Zuckerwasser zufrieden zu stellen ist. Ob im Kronkorken oder in der Vogeltränke, als Tropfen auf dem Objektträger oder aufgesaugt am Ohropax – nirgends wurde es angenommen. Eventuell kann mir dort auch nochmal unter die Arme gegriffen werden und es hat jemand eine Idee, was ich nicht ganz richtig mache. Ich wäre sehr dankbar.

Natürlich befinde ich mich noch ganz am Anfang, aber gerade da die Anfangsphase der Gründung durch Haltungsfehler kann ich der Kolonie großen Schaden bereiten – das möchte ich gerne verhindern. Zusammengefasst ergeben sich aktuell folgende Fragen:
- Temperatur in der Arena. Wie bereits beschrieben habe ich im unteren Viertel eine Lufttemperatur von 23-24°C. Gemessen mit meinem externen Thermometer habe ich aber eine Bodentemperatur von 29°C. Ich meine festgestellt zu haben, dass die Camponotus ungern über so aufgeheizten Boden laufen. Sollte ich die Heizmatte herunterregeln? Ist die Temperatur der Arena (aktuell auch inkl. Nest) eventuell zu hoch?
- Hat jemand Verbesserungsvorschläge oder Ideen wieso die Kohlehydratversorgung so schleppend läuft? Bin ich zu ungeduldig und der Bedarf einer 25(+2) starken Kolonie ist eher als gering einzuschätzen?
- Ich bin am überlegen ob ich eventuell eine dritte Königin in die Kolonie integrieren möchte – Es sollte bei den Camponotus nicobarensis möglich sein. Da die Erfolgschancen einer solchen Zusammenführung bei kleineren Kolonien aber größer ist, müsste ich mich zeitnah dazu entscheiden. Hat jemand Erfahrung damit? Kaufen würde ich eine zweite kleine Kolonie (1Gyne+4-10 Arbeiterinnen).
- Wie kann ich den externen Nestblock (angeschlossen über ca. 1,5m 12mm Schlauch) attraktiver gestalten? Gefüttert wird fast ausschließlich vor dem Schlaucheingang – bis jetzt habe ich erst einmal eine Ameise im Inneren gesichtet.
Sollten solche Fragen eher an einem anderen Teil des Forums gestellt werden – so bitte ich um Mitteilung. Vielen Dank.
In Zukunft werden die Haltungsberichte natürlich mit mehr Bildmaterial ausgekleidet ;)
MfG

Den Diskussionsthread findet ihr hier:
https://www.ameisenforum.de/diskussionsthread-hb-camponotus-nicobarensis-t57301.html
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#3 Re: HB Camponotus nicobarensis

Beitrag von Joe1x89 » 27. Mai 2018, 11:54

#2

Hallo zusammen,

nach langer, langer Zeit melde ich mich hier auch nochmal zu Wort. Fast ein halbes Jahr ist ins Land gezogen und ich habe einiges an Erfahrung gesammelt. Jedoch ist das, was ich mir von der Kolonie versprochen hatte, ein schnelles Wachstum, trotz doppelter Gynen-Power nicht zum tragen gekommen. Ich möchte nichts schön reden. Auf Grund mangelnder Erfahrung und blindem Anfänger-Aktionismus werde ich mir einiges davon selber anzukreiden haben. Aber vielleicht gibt es hier den einen oder anderen, der von meinen Fehlern lernen kann. Also Mut zur Ehrlichkeit:
Angefangen hat alles im November mit 2 Gynen, 25 Arbeiterinnen und einem Eipaket.
Nachdem Harry4ANT mir den Tipp gegeben hatte, den Schlauch zum großen Nestblock zu verkürzen, klappte dieser Umzug ohne weitere Probleme. Ich konnte das provisorische Nest, welches ich in die Arena gelegt hatte, entfernen.
Aber nach nur kurzer Zeit wurden mir die Nachteile des großen Nestblocks bewusst: Die Temperaturregelung war sehr schwer einzustellen. Die Heizlampe bestrahlte die Unterseite vom Nest und erhitzte dabei zum größten Teil nur den Nestboden (der aus beschichtetem Stahl bestand). Außerdem konnte ich das Nest nicht befeuchten, ohne das größere Wassermengen sich auf dem Nestboden verteilten.
Die Ameisen gaben mir dafür die Quittung: kein Koloniewachstum.
Dazu dezimierte sich die Zahl der Arbeiterinnen auf den heutigen Stand von 15 (!!!). Einige fielen den zu groß geratenen Honig-, Invertzuckertropfen zum Opfer. Anfangs mit einer Spritze aufgetragen, ging ich auf die Mengenproportionierung mit Zahnstocher. Aber auch da zeigten die Ameisen eine Ambitionierung zum festkleben. Es klebten sogar welche an der Watte, die ich zum Ertrinkungsschutz in die Vogeltränke eingebracht hatte. Ich gehe davon aus, das ca. 6 (+/- 1) Arbeiterinnen so Ihren Tod gefunden haben.
Nach den Erfahrungen ging ich komplett weg von Vogeltränken und der tröpfchenweisen Beigabe von Invertzucker. Wasser wird bis heute aus einem riesigen Reagenzglas mit Wattesicherung gut angenommen. Invertucker in verschiedenen Verdünnungen aus extra angeschafften Tränken von Superant. Seit dem ist die Versorgung sichergestellt und keine Ameise mehr zu Schaden gekommen.

Das restliche Ableben der Kolonie kann ich nicht wirklich bewerten. Mindestens 3 tote Tiere wurden von anderen Arbeiterinnen nach draußen in die Arena getragen – möglichst weit weg vom Nest. Milbenbefall konnte ich nicht feststellen. Jedoch das es immer sehr kleine Arbeiterinnen gewesen sind. Ich könnte mir vorstellen, dass es die ersten Pygmäen der Kolonie gewesen sind. Dazu fehlen mir aber die Erfahrungswerte, wie alt Pygmäen werden. Aber ich hab da eine Theorie, die eventuell mit meinem zweiten größeren Fehler zu tun hat:
Die Arena (80x30), die 80 cm Schlauch und vor allem der riesige Nestblock sind einfach zu groß für so eine kleine gründende Kolonie. Ich werfe einfach mal eine Behauptung in den Raum – vielleicht kann einer von euch ja etwas dazu sagen: Ich gehe davon aus das ein Zusammenhang zwischen Lebenserwartung und geleisteter Arbeit besteht, dh. Eine Arbeiterin (oder in meinem Fall Pygmäe) wird nicht so alt, wenn sie mehr leisten muss. Zum Beispiel bei der Futterbeschaffung längere Strecken zurücklegen. Macht das Sinn?

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Gesamtanlage

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gebastelte Laufstrecke mit externer Futterstelle (ist nicht angeschlossen - macht nur Sinn für eine größere Kolonie - ich bin einfach zu übereifrig)

Auf Grund der Probleme mit dem Nestblock entschied ich mich, ihnen ein neues Nest anzubieten. Diesmal eine Konstruktion, die an der Wand hängt – gebaut aus WPC und Gips. Leider habe ich zu diesem Zeitpunkt auch den Standpunkt von „Bigger is better“ vertreten und auch dieses Nest überdimensional groß gestaltet. Dort sind sie auch nach anfänglichen Schwierigkeiten in die feuchteste Kammer gezogen. Nach Rücksprache mit dem Ameisenverkäufer habe ich die Temperatur von 26°C auf 30°C angehoben. Täglich befeuchte ich das Nest morgens und abends. Die Wasserspeicherung des Nests ist auch nicht optimal: vergesse ich das Befeuchten, so sitzen direkt 2-3 Arbeiterinnen in der Arena am Wasser-Reagenzglas und halten Wache.
So langsam bewegt sich auch was im Koloniewachstum: aktuell sind ein paar Eier und ca. 6-7 Larven in verschiedenen Stadien vorhanden. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, das die Nestgröße eine entscheidende hemmende Wirkung hat. Den Ameisen geht es soweit gut, die Gaster sind gut gefüllt, Protein und Kohlehydrate werden angenommen. Jedoch bleibt die schubweise, für die camponotus nicobarensis typische, Reproduktion aus. Durch die große Arena und Vielzahl an Schlauchanschlüssen habe ich die Möglichkeit ohne große Störungen ein weiteres kleines Nest anzubieten. Das werde ich die nächsten Tage umsetzen.

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Aktueller Nestblock

An einer weiteren Stellschraube habe ich in dem halben Jahr gedreht: Nach Rücksprache mit dem Verkäufer kommt die Kolonie (wie auch bei SirJoe) aus China. Im Süden von China sind die Sommer tropisch warm und feucht. Die Winter sind eher trocken. Generell ist es bei mir Zuhause im Wohnzimmer eher trocken, im Winter sogar mit einer rel. Luftfeuchtigkeit von 35% zu trocken. Also baute ich mir kurzerhand eine zeitgesteuerte Luftbefeuchtungsanlage, die seit dem zuverlässig läuft und in der Arena für 70-80% rel. Luftfeuchtigkeit sorgt. Aufgebaut aus einem Wasserkanister (Amazon, 13 €), einem USB-Luftbefeuchter (PEARL, 7€) und einem mini USB-Lüfter (Amazon, 8€). Über eine Zeitschaltuhr wird entionisiertes Wasser in dem Kanister „vernebelt“ und mit dem USB-Lüfter über einen Schlauch in die Arena zwangsverdrängt. Außerdem sorgt die Anlage immer für ausreichenden Luftaustausch in der Arena. Die Ameisen reagieren m.E. sehr positiv auf eine erhöhte Luftfeuchtigkeit in der Arena: Die Arbeiterinnen zeigen vermehrt Präsenz in der Arena und auch die Reproduktion im Nest kam erst nach dieser Änderung und durch das Anheben der Temperatur auf 30° im Nest ans laufen. Nicht das ich durch die geringe Luftfeuchtigkeit am Anfang des Jahres ungewollt eine Dia-Pause bei der Kolonie hervorgerufen habe.

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Luftbefeuchtung

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Temperatursteuerung (Oben: Wohnzimmer, Mitte: Arena, Unten: Nest)

So, das wars jetzt erstmal, kurz zusammengefasst nochmal alle meine (mir bekannten) Fehler:
- Viel zu großes, schlecht konzipiertes Nest, mangelhafte Temperatursteuerung und unzureichende Befeuchtung
- Zu viele vermeidbare Umzüge: Reagenzglas->Erdnest->prov. Nest in Arena->Nestblock->WPC/Gips-Nest und der damit verbundene Stress
- Kohlehydratversorgung durch Tröpfchen und Vogeltränke führte zu mehreren Todesfällen
- Sehr geringe Luftfeuchtigkeit in der Arena ließ die Kolonie eventuell in eine Art Dia-Pause verfallen

Kurz noch zur Fütterung:
In meinem anfänglichen Größenwahn habe ich seit einem halben Jahr eine Schokoschabenzucht. Da die nicobarensis eigentlich nur auf die frisch geschlüpften Schokoschaben stehen, profitiert zum größten Teil nur die gefangene Lasius niger-Kolonie meiner Freundin und die riesige Myrmica rubra Kolonie in meinem Garten von den adulten Tierchen.
Meine Fruchtfliegenzucht funktioniert auch gut. Die Tiere werden auch gut angenommen.
Den größten Bestandteil meiner Proteinzugabe besteht aber aus Wiesenplankton:
Der Weberknecht aus dem Keller wird genau so gut angenommen wie die zerteilte Stubenfliege. Auf der Arbeit habe ich Pfaffenhütchen-Gespinstmotten-Raupen aufgesammelt. Auch diese werden sowohl von den nicos, wie auch von den Lasius niger verspeist.
Gekauftes Futterjelly wird eher links liegen gelassen. Dieses habe ich, wie auch duzende Fruchtfliegen, Schokoschaben und Heimchen für den Notfall eingefroren, sollte meine Kolonie doch tatsächlich mal größere Dimensionen erreichen und Eingefrorenes besser annehmen. :D
Also eigentlich ist bei meiner Koloniegröße das Kaufen oder Züchten von Futtertieren totaler Quatsch. Wenn man nicht unmittelbar neben einem mit Insektiziden behandelten Feld wohnt, ist das Aufsammeln von potenziellen Futtertieren weder besonders zeitaufwendig, noch schwer. Einmal das Licht im Garten länger angelassen, ist das Abfangen von Mücken eine Leichtigkeit. Auch diese eignen sich hervorragend für eine kleinere Kolonie – da diese direkt ins Nest abtransportiert werden können.
Was zuletzt noch für große Begeisterung gesorgt hat: Thunfisch aus eigenem Saft, ganz fein dosiert.


Ich hoffe, ich werde jetzt hier nicht von allen erfahrenen Ameisenhaltern auseinandergerissen. Ãœber konstruktive Kritik freue ich mich trotzdem.
Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben - und die kleine Kolonie erst recht nicht ;)

Liebe Grüße und einen schönen sonnigen Sonntag
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#4 Re: HB Camponotus nicobarensis

Beitrag von Joe1x89 » 27. Mai 2018, 13:06

#3

So, ich hab mich kurzerhand entschieden meine Schreibfreudigkeit und die Abwesenheit meiner Freundin zu nutzen um noch ein bisschen Off-Topic zu schreiben:

Meine eben erwähnte Schokoschaben-Zucht sieht wie folgt aus:
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Der obere Behälter ist für die gekauften adulten Tiere. Ein kostengünstiger Plastikbehälter aus einem schwedischen Kaufhaus, mit Belüftungsöffnungen (Gaze-gesichert). Gefüllt mit Eierkartons zum verstecken. Gefüttert wird ein Misch-Masch aus Haferflocken, Hundefutter und Gurken. Eine kleine Dorttränke sichert zusätzlich den Flüssigkeitsbedarf der Tiere.

Der untere Behälter, ähnlich aufgebaut, ist für die Jungtieraufzucht. Einzige Besonderheit: die kleineren Futtertierboxen schwimmen auf einer Alu-Grillschale. Dies ist ein zusätzlicher Ausbruchsschutz, a la Alcatraz, und dient zur Erhöhung der Luftfeuchtigkeit (habe festgestellt, das dies ein wichtiger Faktor beim Schlupf ist). Die Ootheken sammel ich in regelmäßigen Abständen aus der Adult-Box ab und setz sie dort ein.
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Wie gesagt, werden aktuell von meinen nicos nur die kleinen frisch geschlüpften Schokoschaben angenommen. Deswegen erleichtert mir das Trennen der Ootheken die Entnahme bei Fütterung.
Eine Heizmatte unterhalb der Boxen, sorgt für verschiedene Temperaturbereiche (ca. 25-30°C)

Und hier ein kleiner Blick auf die Lasius niger Kolonie meiner Freundin.
Diese hat Sie auf Ihrem Balkon beim Umtopfen einer Pflanze gefunden und mir bescheid gegeben. Gab zur Auswahl: Kompost oder ins Wohnzimmer in ein nicht benutztes Nest der nicos.

Für Folgendes haben wir uns entschieden (den Ameisen gefällt es auf jeden Fall):
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noch eine Frage:
Hat jemand schonmal darüber nachgedacht eine kleine Whatsapp-Gruppe zum schnellen Austausch für die Haltung definierter Arten von Ameisen zu erstellen? Manchmal kann es ja von Vorteil sein, eben ein Bild auszutauschen oder kurze Fragestellung über kleinen Dienstweg abzufrühstücken. Nur so eine Überlegung (Whatsapp-Gruppen können ja auch auf stumm geschaltet werden) :baeh:
Ich denke mal das 5-10 nicobarensis-Halter in einer Kompetenz-Gruppe für echt coolen Austausch sorgen würden. Dies soll natürlich kein Versuch sein, Haltungsberichte einzuschränken oder mit dem Forum zu konkurrieren.

Damit verabschiede ich mich fürs erste,
Bis demnächst ;)



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