Lasius niger / Keine Brut, Gaster der Gyne winzig

Eure Ameisenhaltungsberichte & Ameisenbeobachtungen - Meinungen & Fragen [einheimische und exotische Ameisen]
Benutzeravatar
katzenhai2
Halter
Offline
Beiträge: 176
Registriert: 21. März 2007, 21:36
Hat sich bedankt: 103 Mal
Danksagung erhalten: 49 Mal

#1 Lasius niger / Keine Brut, Gaster der Gyne winzig

Beitrag von katzenhai2 » 4. Juni 2023, 22:37

Hallo,

ich habe hier mal einen schwierigen Fall:
Ein Bekannter hat eine Lasius niger Gyne beim Hochzeitsflug vor 3 Jahren gefangen, ins RG gepackt und sie dann überwintert, allerdings nur im kühleren Schlafzimmer bei 14-17°C. Im nächsten Jahr wuchs die Kolonie wohl so an die 150 Leute Arbeiterinnen an. Dann wieder nur eine schlechte Überwinterung im Schlafzimmer. Im darauf folgenden Frühjahr war wohl sehr viel neue Brut dabei und plötzlich waren es geschätzt 500 Leute Arbeiterinnen und eine sehr starke Aktivität.

Danach tat sich aber nichts mehr was neue Brut anging. Die Aktivität der Ameisen sank auch und er fand immer wieder neue tote Ameisen in den Ecken der Arena. Dann fand er "Milben" (die sich bei näherem Hinsehen aber als Staubläuse entpuppten) und dachte, die Kolonie sei daran erkrankt, weil es keine neue Brut mehr gab. Er hat dann auch noch öfters Proteine gefüttert (abgebrühte Mehlwürmer), Honigtropfen hat er immer angeboten, in der Hoffnung es läge wohl an zu wenig Proteinen, dass keine Brut da sei. Im darauf folgenden Winter wieder nur eine Überwinterung im Schlafzimmer, diesmal aber eher wärmer, meinte er (18-20°C).

Eine Tränke mit Wasser hat er immer in der Arena gehabt, aber das RG war dann schon komplett abgetrocknet. Also ein neues RG reingestellt und einmal sah er dann viel Aufregung in der Arena: Die Gyne hätte total mager ausgesehen, die Gaster sei total geschrumpft gewesen. Sie hat dann wohl, begleitet durch die anderen Ameisen, den Weg vom abgetrockneten RG ins feuchtere RG angetreten.

Nun hat er mich um Hilfe gebeten und ich habe seine Kolonie nun in Pflege. Mittlerweise sind es wohl nur noch so 200 Leute Ameisen. Da keine neue Brut dazu kam, sind mehr verstorben als Neue hinzukamen.

Meine Idee war, dass das Hauptproblem der Kolonie in der mangelnden Überwinterung liegt. Um nun nichts falsch zu machen möchte ich das Forum fragen, wie ich am besten vorgehen soll. Folgende Optionen stünden zur Auswahl:
1. Die Kolonie jetzt 2 Wochen lang als Übergangsphase tags 18°C und nachts 10°C (im Kühlschrank) aufzustellen. Danach bei 6-8°C im Kühlschrank für einige Monate überwintern lassen. Eigentlich jetzt nicht der richtige Zeitpunkt...
2. Warten bis Anfang Oktober und dann die Übergangsphase zur Überwinterung wie unter 1. künstlich einleiten. Ich bin unsicher, ob längeres Warten im gegenwärtigen Zustand gut für die Gesundheit der Kolonie und Gyne ist.

Das jetzt unter der Prämisse, dass das Problem die mangelnde Überwinterung ist. Störquellen kann ich eigentlich ausschließen, die standen bei meinem Bekannten da im Zimmer sehr ruhig und entspannt, gut abgedunkeltes RG (rote Folie + Abdeckung) und er hat eigentlich auch die Geduld für sowas und ist ruhig in der Handhabung.

Oder jemand andere Ideen, wieso die Kolonie keine Brut hat und die Gyne so abgemagert ausschaut? Bilder der Gyne habe ich leider nicht. Die sitzt im RG und ich mag sie nicht stören.
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor katzenhai2 für den Beitrag:
schrotti04



Benutzeravatar
Serafine

User des Monats September 2017
Fortgeschrittener Halter
Offline
Beiträge: 2543
Registriert: 1. März 2017, 16:07
Auszeichnung: 1
Hat sich bedankt: 456 Mal
Danksagung erhalten: 1663 Mal

#2 L. niger / Keine Brut, Gaster von Gyne winzig

Beitrag von Serafine » 5. Juni 2023, 04:02

Abgebrühte Mehlwürmer sind kein vernüftiges Futter für Ameisen.
Am besten wäre in diesen Fall eine Dose Fruchtfliegen aus dem Zooladen (einfrieren, nicht kochen) oder einfach mit einer elektrischen Fliegenklatsche (Zeitung geht im notfall auch) erschlagene kleinere Fliegen (nicht die dicken Brummer, damit scheinen die kleinen Arbeiterinnen Probleme zu haben) zu verfüttern.
Wenn sich innerhalb eines Monats nicht tut (oder sie das Futter erst garnicht anrühren), dann kann man sich immernoch überlegen sie in den Kühlschrank zu stellen.

Ich hab meine Lasius niger im Keller überwintert (12-15°C), das hat anscheinend gereicht, unter 10°C müssen es wohl nicht sein.
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Serafine für den Beitrag:
schrotti04



Benutzeravatar
Erne
Administrator
Offline
Beiträge: 4005
Registriert: 18. April 2014, 11:00
Hat sich bedankt: 5395 Mal
Danksagung erhalten: 4492 Mal
Kontaktdaten:

#3 L. niger / Keine Brut, Gaster von Gyne winzig

Beitrag von Erne » 5. Juni 2023, 12:38

Das es nicht voran geht, eine vielschichtige Problematik, verschiedenste Gründe können wirken.

Eine Königin kann krank werden, Arbeiterinnen auch, das kann mit dem Totalverlust des Volkes enden.
Das ausgeschlossen bleiben nur Haltungsfehler übrig.

Nur Mehlkäferlarven oder deren Puppen ist eine sehr einseitige Versorgung, wie vorab schon angesprochen, auch anderes Insektenfutter anbieten.
Eine abwechslungsreiche Futterversorgung bringt viele Vorteile.

Auch wenn Lasius niger genügsam ist, 500 Ameisenarbeiterinnen in einem Reagenzglas, eine Nesterweiterung wäre angesagt, vorteilhaft gewesen.
Zu geringer Nestplatz bremst eine zügigere Weiterentwicklung deutlich aus.

Trinkwasser ist schon gut, alleine reicht das nicht, Lasius niger brauchen immer leicht feuchte Nestbereiche.
Auf den eingearbeiteten Wassertank des Reagenzglases ist leider nicht immer Verlass.
Wie sieht das mit den jetzigen Temperaturen aus?
Honig als Futter ist machbar, allerdings können sie Probleme bekommen diesen in der benötigten Menge aufzunehmen.
Etwa 1:1 mit Wasser verdünnt geht besser oder gleich Zuckerwasser.

15 – 17°C ist keine Überwinterungstemperatur für Lasius niger, die muss deutlich tiefer sein.
Im ersten Jahr kann das noch einigermaßen klappen, mit jedem weiteren Jahr kommt es zu größeren Problemen.
Die Sterberate der Arbeiterinnen nimmt deutlich zu.
Der Temperaturunterschied zu sommerlichen Temperaturen von 15-17°C Überwinterungstemperatur ist zu gering.
Es fehlen die Anreize um nach der Winterruhe wieder durchzustarten.
Die Umstellung zieht sich hin und erfolgt mit deutlich geringerer Brutaufzucht.
Mit jedem weiteren Jahr, unpassender Winterruhe, verstärken sich diese Effekte.
Weiter zu beobachten, die aufgezogenen Arbeiterinnen werden kleiner.

Auch mit dem Hintergrund, das es viele Dinge geben kann, das eine Ameisenhaltung nicht voran geht, für mich liegen die Ursachen hauptsächlich in den nicht passenden Winterruhen.
Sie jetzt noch einwintern, kann ich nicht beantworten, habe es selber nie versucht.
Wären es meine Ameisen würde ich sie, wie Serafine anmerkt, gut versorgen und wenn es weiterhin nicht voran geht, sie früher in die Winterruhe bringen.
Obs helfen wird? Die Ameisen und Königin könnten bereits nachhaltig geschädigt sein.

Viel Erfolg und halte uns auf dem Laufenden.

Grüße Wolfgang
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Erne für den Beitrag:
Zitrus



Benutzeravatar
katzenhai2
Halter
Offline
Beiträge: 176
Registriert: 21. März 2007, 21:36
Hat sich bedankt: 103 Mal
Danksagung erhalten: 49 Mal

#4 Lasius niger / Keine Brut, Gaster der Gyne winzig

Beitrag von katzenhai2 » 5. Juni 2023, 18:25

Ich danke Euch für Eure Antworten.

Ich nehme darauf für mich folgendes mit:
1. Fruchtfliegen verfüttern.
-> Welche Sorte? Drosophila hydei oder melanogaster? Ist das wichtig?
-> Wie lange halten die sich eingefroren?

2. Honig mit Wasser 1:1 mischen.
-> Von Zuckerwasser wurde hier immer abgeraten, weil unnatürlich für Ameisen (fehlen Vitamine und Mineralstoffe!?)

3. Einen Monat testen. Wenn keine Verbesserung eintritt, die Winterruhezeit mal näher unter die Lupe nehmen.
-> Ich vermute sehr stark, nach über 10 Jahren Ameisenhaltung, dass es eher daran lag und liegt.
-> Was würde dann heißen sie "früher in die Winterruhe bringen" ? Was ist "früher"?

Ich habe meine Myrmica rubra immer mit purem Honig gefüttert und abgebrühte Mehlwürmer gegeben. Augenscheinliche Probleme hatte ich nie und im 3. Jahr waren dann Geschlechtestiere vorhanden. Aber evtl. sind niger etwas anders. Meine Ameisen waren aber auch immer jedes Jahr in der Winterruhe mit unter 10°C im Keller.

Habe letztens einen Erfahrungsbericht gelesen von jemandem, der das ohne Winterruhe mal ausprobiert hatte:
https://ameiseninfos.de/html/lasius_o__winterruhe.html



Benutzeravatar
Serafine

User des Monats September 2017
Fortgeschrittener Halter
Offline
Beiträge: 2543
Registriert: 1. März 2017, 16:07
Auszeichnung: 1
Hat sich bedankt: 456 Mal
Danksagung erhalten: 1663 Mal

#5 Lasius niger / Keine Brut, Gaster der Gyne winzig

Beitrag von Serafine » 5. Juni 2023, 20:53

Spezies der Fruchtfliegen ist egal - von den Größeren braucht man natürlich weniger, das macht aber bei der Menge, die sich in einem Becher befindet keinen Unterschied, bei so einer kleinen Kolonie sind es eh mehr als man je verfüttern kann.
Halten werden sie sich vermutlich so einen Monat in einem geschlossenen Beutel. Hauptproblem ist das austrocknen über Zeit, da kann man nicht wirklich was dagegen tun.

Zuckerwasser ist absolut in Ordnung, wenn das restliche Futter abwechslungsreich ist.
Du kannst natürlich auch Honig mit Wasser mischen, das fermentiert bei sommerlichen Temperaturen aber innerhalb von 3-4 Tagen ziemlich ordentlich und wenn du Schwerkrafttränken benutzt wird das nach oben steigende Gas die Lösung unten aus der Tränke drücken.
Womit ich gute Erfahrungen gemacht habe ist die Tränke so ca. 1/4-1/3 mit Kristallzucker füllen (feiner Backzucker löst sich am schnellsten), dann ein bisschen Ahornsirup drauf und den Rest mit Wasser auffüllen.
Reiner Honig/Sirup ist für die meisten Ameisen eher nicht so gut, weil das aufnehmen der zähen Lösung Zeit und Energie kostet. Kleinere Ameisen bleiben auch leicht im Honig/Sirup kleben.

Wann du die Ameisen in die Winterruhe bringst ist eigentlich egal. Wenn sie sowieso schon im Vorwinterruhezustand sind warten sie eigentlich nur darauf, dass es kalt wird.
Wenn du dir sicher bist kannst du sie auch einfach mit etwas Zuckerwasser auffüllen und direkt in die Winterruhe bringen. Da lohnt es sich dann auch nicht mehr weiter zu warten.

Prizipiell ist es dann auch möglich die Ameisen im Herbst wieder rauszunehmen und sie so zu polen, dass sie die Winterruhe jedes Jahr im Sommer machen, dafür aber im Winter aktiv sind.
Solange das Zimmer im Winter halbwegs vernüftig geheizt ist (oder ggf. das Nest selbst beheizt ist) sollte das kein Problem sein.



Benutzeravatar
katzenhai2
Halter
Offline
Beiträge: 176
Registriert: 21. März 2007, 21:36
Hat sich bedankt: 103 Mal
Danksagung erhalten: 49 Mal

#6 Lasius niger / Keine Brut, Gaster der Gyne winzig

Beitrag von katzenhai2 » 5. Juni 2023, 21:17

Serafine hat geschrieben: ↑
5. Juni 2023, 20:53
Du kannst natürlich auch Honig mit Wasser mischen, das fermentiert bei sommerlichen Temperaturen aber innerhalb von 3-4 Tagen ziemlich ordentlich und wenn du Schwerkrafttränken benutzt wird das nach oben steigende Gas die Lösung unten aus der Tränke drücken.
Ich habe es bisher immer so gemacht, dass ich einen größeren Honigtropfen auf ein Stück Alufolie getan habe und den alle 2 Tage wechsle. Der Tropfen ist in der Größe so gewählt, dass er nicht nach 2 Tagen leer ist.
Bisher hatte ich 3 Ameisen, die ich aus dem Honig befreien musst - in einigen Jahren Haltung. Eine Extra-Tränke habe ich nicht, nur einen Schlauch mit Wasser, der mit Watte verschlossen ist und am anderen Ende einen Stopfen (und das Nest bzw. RGs mit Wasser). So ganz überzeugt, dass reiner Honig ein Problem darstellt, bin ich immer noch nicht. Meine myrmica hat das nie gestört.
Serafine hat geschrieben: ↑
5. Juni 2023, 20:53
Wann du die Ameisen in die Winterruhe bringst ist eigentlich egal. Wenn sie sowieso schon im Vorwinterruhezustand sind warten sie eigentlich nur darauf, dass es kalt wird.
Wenn du dir sicher bist kannst du sie auch einfach mit etwas Zuckerwasser auffüllen und direkt in die Winterruhe bringen. Da lohnt es sich dann auch nicht mehr weiter zu warten.
Ich werde jetzt mal noch die Fruchtfliegen anbieten und dann nach 2-3 Wochen die Winterruhe einleiten. Wenn das gut geht dann über die Jahre etwas strecken, so dass es mit der normalen Jahreszeit wieder übereinstimmt.



Benutzeravatar
Serafine

User des Monats September 2017
Fortgeschrittener Halter
Offline
Beiträge: 2543
Registriert: 1. März 2017, 16:07
Auszeichnung: 1
Hat sich bedankt: 456 Mal
Danksagung erhalten: 1663 Mal

#7 Lasius niger / Keine Brut, Gaster der Gyne winzig

Beitrag von Serafine » 6. Juni 2023, 17:48

katzenhai2 hat geschrieben: ↑
5. Juni 2023, 21:17
Ich habe es bisher immer so gemacht, dass ich einen größeren Honigtropfen auf ein Stück Alufolie getan habe und den alle 2 Tage wechsle. Der Tropfen ist in der Größe so gewählt, dass er nicht nach 2 Tagen leer ist.
Bisher hatte ich 3 Ameisen, die ich aus dem Honig befreien musst - in einigen Jahren Haltung. Eine Extra-Tränke habe ich nicht, nur einen Schlauch mit Wasser, der mit Watte verschlossen ist und am anderen Ende einen Stopfen (und das Nest bzw. RGs mit Wasser). So ganz überzeugt, dass reiner Honig ein Problem darstellt, bin ich immer noch nicht. Meine myrmica hat das nie gestört.
Ein "Problem" in dem Sinne ist es auch nicht, aber ich bin mir sicher, wenn du ihnen beides gleichzeitig anbietest, werden sie immer zuerst auf das weniger viskose Medium gehen (vernünftige Zuckerkonzentration vorausgesetzt).
Meine C. barbarbicus sind so pingelig, die rühren Honig und sogar puren Ahornsirup garnicht erst an und warten lieber, bis es was dünnflüssigeres gibt.



NicoleWeaver
Offline
Beiträge: 1
Registriert: 30. Juni 2023, 09:26
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

#8 Lasius niger / Keine Brut, Gaster der Gyne winzig

Beitrag von NicoleWeaver » 30. Juni 2023, 09:30

Es ist schwierig, eine genaue Diagnose ohne Bilder oder weitere Informationen über die Umgebung und das Verhalten der Kolonie zu stellen.



Neues Thema Antworten

Zurück zu „Ameisenhaltung & Ameisenhaltungsberichte“